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Mail aus Bonn

17.04.2024 Seite 10
RAE Ausgabe 5/2024

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 5/2024

Seite 10

Lüko Fischer © privat

Eine Frage auf die es nur eine Antwort gibt. Aber auf dem Fragebogen meines schriftlichen Physikums sehe ich komischerweise noch vier weitere Antwortmöglichkeiten. Option A) hört sich vernünftig an. Von Option B) habe ich noch nie was gehört. C) und D) schließen sich gegenseitig aus und E) rennt über die Wiese und schnuppert an Blumen. Aber kreuze ich jetzt A) an, weil ich es als richtig identifiziert habe oder weil die anderen Optionen mir ein schlechtes Bauchgefühl geben? Oder kreuze ich sogar B) an und versuche damit mein Glück in unbekannten Gewässern? Oder kreuze ich E) an, immerhin könnte diese Option ja auch zufälligerweise ans richtige Ziel stolpern.

Dafür, dass ich rund zwei Monate intensiv am Schreibtisch saß und mehr oder weniger intensiv gelernt habe, scheint mir der eingangs genannte Rate-Spaß doch sehr absurd. Die Stimme hinten links in meinem Kopf schreit die Stimme hinten rechts an, warum ich denn verdammt nochmal die Antwort auf die Frage nicht kenne?! Beide Stimmen wissen jedoch insgeheim, dass es Wissen gibt, das einfach durch den Filter hindurchgesickert ist, als ich mich damals im Lernplan um 23 Uhr zum vierten Mal durch den relevanten Satz gekämpft habe. Wahrscheinlich haben die Müdigkeit und der Geruch gebratener Nudeln mit viel Glutamat aus der Styropor-Box alle anderen Sinneseindrücke übertüncht. Eine letzte Nervenzelle beschließt letztlich die Antwort mit der Begründung: „Wird schon gut gehen“. Und es ging auch gut. Ich habe bestanden und noch viel wichtiger, ich bin um einiges mehr mit meinen Freunden zusammengewachsen. Der gegenseitige Mental-Support, das Lachen, das Abfragen von zu tiefem Wissen, das viel zu häufige Bestellen von gebratenen Nudeln sind Dinge, die meine Zeit im Physikum unvergesslich gemacht haben; und das steht außer Frage!

Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir an medizinstudium(at)aekno.de.