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Gesundheitsamt Köln bittet Niedergelassene um Extra-Sprechstunden für geflüchtete Menschen

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Dr. Anne Bunte, Leiterin des Kölner Gesundheitsamtes. Foto: privat

Düsseldorf/Köln, 30.09.2015.Dr. Anne Bunte, Leiterin des Kölner Gesundheitsamtes, hat an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte der Stadt appelliert, für geflüchtete Menschen Zeitfenster außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten anzubieten. Die Stadt habe sich gemeinsam mit der KV Nordrhein zum Ziel gesetzt, die Menschen, die als Flüchtlinge bereits der Stadt zugeteilt worden sind, in die haus- und fachärztliche Regelversorgung zu überführen, sagte Bunte am Dienstagabend vor 150 interessierten Ärztinnen und Ärzten und Medizinstudierenden. Dies gestaltet sich, was die üblichen Sprechstundenzeiten angeht, bislang offenbar als schwierig. „Öffnen Sie Ihre Praxistür, stellen Sie sich, und sei es auch nur einmal im Monat ein Nachmittag, drei oder vier Stunden zur Verfügung, sodass die Kollegen vom Roten Kreuz Termine belegen können“, bat Bunte um Mithilfe ihrer Kolleginnen und Kollegen im gesamten Stadtgebiet. Das Rote Kreuz betreut die Menschen in den städtischen Sammelunterkünften.

Die Zahl der geflüchteten Menschen in Köln liegt aktuell bei 8.000 Menschen, dazu kommen Menschen, die sich in der Domstadt aufhalten, ohne gemeldet zu sein. Bunte hob hervor, dass es gelungen sei, die Inanspruchnahme des Rettungsdienstes an Kölns größter Notunterkunft in städtischer Regie, der Herkulesstraße in Neu-Ehrenfeld mit 700 Menschen, durch die Etablierung einer pädiatrischen und allgemeinärztlichen Sprechstunde in den vergangenen Monaten deutlich zu verringern.

Die Stadt überlege nun, in allen Einrichtungen Sprechstunden anzubieten - auch an den Wochenenden.  Dabei gehe es aber lediglich um eine Basisversorgung, die im Kern darauf ausgelegt werden solle, die Flüchtlinge in die Niederlassung weiterzuleiten. Damit die geflüchteten Menschen den Weg in die Praxen auch finden, sucht die Stadt ehrenamtliche Betreuer für diese Arztbesuche. „Die Menschen brauchen Begleitung“, sagte Bunte.

Tuberkulose:  Erkrankungen im Promillebereich

Die Leiterin des Gesundheitsamtes nahm auch Stellung zum Thema pulmonale Tuberkulose: Die Stadt habe unter „ihren“ Flüchtlingen bislang 650 Quantiferon-Tests durchgeführt, dreimal sei dieser positiv gewesen, allerdings seien die beiden betroffenen Kinder sowie eine Schwangere klinisch nicht auffällig gewesen, führte Bunte aus. Von den 83 in diesem Jahr in Köln gemeldeten TB-Fällen entfallen zehn auf die 8.000 von der Stadt aufgenommenen, geflüchteten Menschen. Von diesen zehn Personen hätten vier eine offene Form gehabt. Von mehr als 10.000 untersuchten Menschen in der Notunterkunft des Landes NRW in Bielefeld hätten lediglich 40 eine TB gehabt, gab  Bunte zu diesem Themenkomplex weitere Details.

„Tuberkulose bekommt man nicht im Vorbeigehen, man braucht schon eine gewisse Kontaktzeit“, sagte auch Dr. Natalie Funke, Leiterin der Tuberkuloseberatungsstelle des Gesundheitsamtes. Um als ansteckungsgefährdet zu gelten, müsse ein Mensch laut Expertise des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) kumulativ in den vergangenen sechs Monaten acht Stunden mit einem Infizierten in einem geschlossenen Raum verbracht haben. „Dann müsste man als Kontaktperson untersucht werden“, machte Funke deutlich, dass das Risiko einer Ansteckung zum Beispiel für das Personal in Arztpraxen bei den üblichen Hygienevorkehrungen sehr gering ist.

Geflüchtete haben Anspruch auf Impfungen

Kinder und Jugendliche, die als geflüchtete Menschen in Köln registriert sind, haben denselben Anspruch auf Impfleistungen nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut wie die übrige Bevölkerung. All diese Menschen sind krankenversichert (über den Krankenbehandlungsschein des Sozialamtes). Schulamtsarzt Sven Feddern stellte die neuen, wöchentlichen Impfsprechstunden (1. und 3. Freitag sowie 2. und 4. Mittwoch im Monat)  an den vom Roten Kreuz betriebenen städtischen Notunterkünften zur Prophylaxe von Masern, Röteln, Mumps und Varizellen vor. Zur Betreuung der Kinder und ihrer Familien vor der jeweiligen Impfung suchen die Helfer ebenfalls Ehrenamtliche.

Von den zwölf bislang in diesem Jahr gemeldeten Masernfällen in Köln betreffen zwei geflüchtete Kinder, sagte Gesundheitsamtsleiterin Bunte. Seit vergangenen Dezember habe es keinen Ausbruch mehr gegeben, weil man auf Erkrankungen zeitnah mit Riegelungsimpfungen reagiert habe. Die Impfsprechstunden sollen diese groß angelegten und Ressourcen bindenden Inkubationsimpfungen obsolet machen.

"Drehscheibe Köln"

Bernd Geßmann von der Berufsfeuerwehr der Stadt Köln erläuterte die Arbeit der „Drehscheibe Köln“: Jeden zweiten Tag steuert ein ICE aus Österreich mit circa 450 geflüchteten Menschen den Bahnhof des Köln/Bonner Flughafens an. Dort werden die Menschen nach einer Fahrtzeit von zehn Stunden und mehr in Empfang genommen, verpflegt und mit Kleidung versorgt und werden von dort innerhalb weniger Stunden mit Bussen innerhalb NRWs weiterverteilt. Eingerichtet ist eine sogenannte Unfallhilfsstelle für Notfälle, wie sie auch bei großen Veranstaltungen üblich sind. In dieser werden pro Zug circa 20 Menschen behandelt. „Was man an menschlicher Not sieht, das ist unbeschreiblich“, sagte Geßmann. „Man sieht ausgemergelte Menschen, man sieht Menschen, die wochenlang durch Europa gelaufen sind und blutige Füße haben, man sieht Familien, die wirklich das Letzte gegeben haben, um so weit zu kommen.“

Auch die Drehscheibe Köln ist auf Ehrenamtliche angewiesen, etwa 60 Menschen werden zusätzlich zu professionellen Einsatzkräften wie jenen der Feuerwehr oder des Technischen Hilfswerks pro Einsatz benötigt.

Ärztinnen und Ärzte, die sich ehrenamtlich engagieren oder eine besondere Sprechstunde anbieten möchten, können sich melden bei:

koelnhilft(at)stadt-koeln.de

Tel.: 0700 0221 1111

Informationen zur ärztlichen Hilfe für Flüchtlinge und Asylbewerber

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