Vorlesen
Forum

Mit Algen gegen die Armut – Eine Düsseldorfer Ärztin auf Madagaskar

20.11.2019 Seite 22
RAE Ausgabe 12/2019

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 12/2019

Seite 22

Mareike Müller bei ihrem humanitären Einsatz auf Madagaskar. © privat
Ein einfaches Bett, ein kleiner Tisch, ein provisorisch aufgehängtes Zentimetermaß sowie eine alte Waage – viel mehr hat der kleine Praxisraum auf dem Schulgelände in Mahazina nicht zu bieten. Die kleine Ortschaft im madagassischen Hochland gilt als Armenviertel. Mareike Müller, Assistenzärztin der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf, besuchte die Region, um sich zu engagieren.

von Vassiliki Latrovali

Dem Elend der Menschen begegnete sie erstmals 2018 als Touristin. Madagaskar gilt als eines der zehn ärmsten Länder der Welt. „Nach meinem Urlaub wusste ich, ich muss aktiv werden und helfen. Also begab ich mich auf die Suche nach einer Hilfsorganisation“, sagt Müller im Gespräch mit dem RÄ. Sie entschied sich für den französischen Verein Zazakely, der seit 2001 vor allem im Hochland um die Stadt Antsirabe tätig ist. Hauptprojekt des Vereins ist die Schule in Mahazina. Mittlerweile besucht ein Mediziner die 260 Schülerinnen und Schüler im Alter von vier bis 18 Jahren einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung. Im August dieses Jahres war auch Müller vor Ort. „Ich war schnell Stammkundin in der nahgelegenen Apotheke. Im Praxisraum der Schule gibt es natürlich Verbandsmaterial und Medikamente, aber das ist einfach nicht genug“, erzählt die junge Ärztin. Die Untersuchungsbefunde, so Müller, bestätigten die große Armut des Viertels. Ein Großteil der Kinder und Jugendlichen sei unterernährt und viele hätten eine schlechte Zahnhygiene. Während die Akutversorgung von Wunden, grippalen Symptomen oder gastrointestinalen Infekten mit den vorhandenen Mitteln gut möglich sei, könnten die Unterernährung und die daraus entstehenden Folgeschäden wie Sehstörungen, Hörminderungen oder Karies nur diagnostiziert oder dokumentiert, nicht aber versorgt werden. „Das war für mich nicht immer einfach, ich wollte mehr tun. In Deutschland würde man diese Kinder sofort an einen Facharzt überweisen. Zu sehen, dass dies in Madagaskar nicht der Fall ist, ist sehr belastend“, sagt Müller.

Weltweit ist Madagaskar für seine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt bekannt. Doch der zweitgrößte Inselstaat der Erde (587.000 km2) hat kein effizient funktionierendes öffentliches Gesundheitswesen. Die Behandlung von Erkrankungen jeglicher Art ist meist mit enormen Kosten verbunden, die nur sehr wenige Menschen aufbringen können. Dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zufolge leben mehr als drei Viertel der Bevölkerung Madagaskars in extremer Armut, besonders hoch ist der Anteil in den ländlichen Regionen. Mehr als 40 Prozent der Menschen seien unterernährt, fast jedes zweite Kleinkind sei chronisch mangelernährt. Die meisten Krankheiten seien auf die erheblich einseitige Fehlernährung zurückzuführen, ebenso wie die stark begrenzte Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser und die schlechten sanitären und hygienischen Verhältnisse im ganzen Land. Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex der Nichtregierungsorganisation Transparency International landete Madagaskar 2016 auf Platz 145 von 176 ausgewerteten Staaten.

Trotz der schwer zu ertragenden Lebensumstände der Menschen hat die junge Ärztin große Hoffnung: „Ich habe viele engagierte Menschen getroffen, die etwas an den Gegebenheiten ändern wollen und sich für die Kinder und Jugendlichen in den Armenvierteln einsetzen.“ Besonders angetan ist Müller vom Schulleiter und der einzigen Krankenschwester an Mahazinas Schule. Beide kümmerten sich mit viel Herzblut und Engagement um die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung und unterstützten die Schülerinnen und Schüler in allen Lebenslagen. In den kommenden Jahren möchte die Hilfsorganisation Zazakely die beiden entlasten, indem mehr Mitarbeiter eingestellt werden. Außerdem soll der Bau eines Gesundheitsgebäudes in die Wege geleitet werden. Darüber hinaus greift der Verein aus Frankreich den Abiturienten, die gerne Medizin studieren möchten, unter die Arme. „Ein Studium in der Hauptstadt Antananarivo kann sich niemand aus dem Armenviertel leisten. Zazakely deckt die Kosten für die Ausbildung und hofft, dass die jungen Ärztinnen und Ärzte nach ihrem Abschluss wieder an ihre entlegenen Heimatorte zurückkehren, um dort die Menschen medizinisch zu versorgen“, erklärt Müller.

Neben dem Angebot einer adäquaten Schulbildung und einer soliden medizinischen Versorgung bekämpft der Verein auch die Mittellosigkeit in Mahazina. Dafür werden auf dem Schulgelände Spirulina-Algen angebaut. Das daraus gewonnene grüne Pulver gilt wegen seiner vielen Nährstoffe als absolutes Superfood. Die Mikroalge fühlt sich besonders in stark alkalischen Salzseen, aber auch in Süßwasser wohl und besiedelt vorzugsweise flache, subtropische bis tropische Gewässer, wie sie auf Madagaskar zu finden sind.
 

Weitere Informationen 

•    Homepage: www.zazakely.fr (demnächst auch auf Deutsch) 
•    Facebook-Seite: Association Zazakely Madagascar (https://www.facebook.com/zazakelymadagascar/). 
•    Das Spendenkonto ist unter folgendem Link zu finden: https://www.helloasso.com/associations/zazakely/formulaires/4