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Work-Life-Balance

100 Wochenstunden – keine Seltenheit

22.01.2020 Seite 6
RAE Ausgabe 2/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 2/2020

Seite 6

© Ärztekammer Nordrhein

Das Rheinisches Ärzteblatt (RÄ) berichtete in seiner Ausgabe vom 23. Februar 1970 über ein geplantes Treffen zwischen dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Heinz Kühn, und dessen Hochschulreferenten mit Vertretern der wissenschaftlichen Assistenten, des Marburger Bundes und der Ärztekammern. Thema: „Verbesserung der unzumutbaren Überstundensituation an den Universitätskliniken“ und eine „gerechte soziale Sicherung der dort beschäftigten Assistenten“. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit unter den meist 26- bis 40-jährigen Ärztinnen und Ärzten betrug damals 70 Stunden. Aber es wurden „in manchen Fachgebieten – zum Beispiel in der Chirurgie – nicht selten auch 100 Wochenstunden erreicht“, berichtete das RÄ. Die offizielle wöchentliche Arbeitszeit betrug vor 50 Jahren 43 Stunden. Die Überstundenvergütung lag bei 3,40 DM, wie der Marburger Bund errechnet hatte. Das war weniger als die Hälfte dessen, was Reinigungskräfte im Feiertagsdienst an den Unikliniken im Land verdienten. Der Begriff „Putzfrauenlohn“ machte unter den Assistenten die Runde. Auf einer Demonstration von Assistenzärzten in Düsseldorf forderten die rund 400 Teilnehmer unter anderem die Einrichtung zusätzlicher Planstellen, eine angemessene Vergütung geleisteter Überstunden sowie eine soziale Sicherung für sich und ihre Familien bei Arbeitsunfähigkeit oder Tod. Für den Fall des Scheiterns der Gespräche mit dem NRW-Ministerpräsidenten Kühn lag bereits ein öffentlichkeitswirksamer Aktionsplan der Assistenten in der Schublade bereit.    

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