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Großes Vertrauen in die Arbeit der Gutachterkommission

23.01.2020 Seite 23
RAE Ausgabe 2/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 2/2020

Seite 23

  • Der Vorsitzende der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein, Präsident des Oberlandesgerichts a. D. Johannes Riedel (l.), stellte in Anwesenheit des Geschäftsführenden Kommissionsmitglieds Professor Dr. Hans-Friedrich Kienzle auf der Kammerversammlung den aktuellen Geschäftsbericht der GAK vor. © Jochen Rolfes
  • © Jochen Rolfes
Die Arbeit der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein (GAK) soll Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte bei der außergerichtlichen Klärung der Frage nach dem Vorliegen eines Behandlungsfehlers darin unterstützen, eine außergerichtliche Einigung zu erreichen und langwierige, belastende gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Über die aktuellen Entwicklungen  berichtete der Vorsitzende der Gutachterkommission, Präsident des Oberlandesgerichts a. D. Johannes Riedel, der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein am 16. November 2019 in Düsseldorf.

von Tina Wiesener und Beate Weber

Auch im vergangenen Berichtszeitraum (1. Oktober 2018 bis 30. September 2019) verzeichnete die GAK ein Antragsaufkommen von weiterhin etwa 2.000 Anträgen. Nach einem kurzzeitigen Rückgang infolge der Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) im vorangegangenen Berichtszeitraum konnte die hohe durchschnittliche Zahl der Erledigungen erneut erreicht werden.
Die GAK verzeichnete eine Steigerung der Anzahl der Gesamterledigungen um circa 11 v. H. auf 2.101 Erledigungen, so der Vorsitzende mit Blick auf die den Delegierten vorgelegte statistische Übersicht (siehe Kasten). Gleichzeitig blieb die durchschnittliche Verfahrensdauer bei 10,4 Monaten (Vorjahr 10,2 Monate) stabil: Mehr als zwei Drittel der Verfahren waren nach 11 Monaten und nach einem Jahr mehr als drei Viertel erledigt.

Förderung der Patientensicherheit

Der Anteil festgestellter Fehler an der Gesamtzahl begutachteter Fälle betrug 27,53 v. H. (Vorjahr: 32,17 v. H.) und weicht damit vom Vorjahr und auch vom langjährigen Durchschnittswert ab. Die Fehlerquote in Nordrhein unterliegt allerdings durchaus leichten Schwankungen zwischen 28 und 34 v. H., ein Wert von unter 28 v. H. wurde im Jahr 1989 und in den Jahren vor 1984 verzeichnet.

Riedel wertete die gegenüber den Vorjahren weiterhin gleichbleibend hohe Zahl von Begutachtungsanträgen (siehe Grafik: Entwicklung der Antragszahlen bei der Gutachterkommission Nordrhein seit 1.10.2009) als ein Zeichen großen Vertrauens, das Patientinnen und Patienten der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein entgegenbringen. Einmal mehr unterstreiche dies den Anspruch dieser Einrichtung bei der Ärztekammer Nordrhein, auch künftig als zuverlässiger außergerichtlicher Ansprechpartner für eine kompetente und rasche Klärung von Behandlungsfehlervorwürfen zur Verfügung zu stehen.

Auch in Zukunft könne die Arbeit der Gutachterkommission nur dann erfolgreich weitergeführt werden, wenn für ein Engagement in der Kommission ausreichend viele Ärztinnen und Ärzten gewonnen werden könnten, so Riedel. Vor diesem Hintergrund bat der Vorsitzende der Gutachterkommission die Delegierten um Unterstützung bei der Gewinnung von ehrenamtlichen Gutachterinnen und Gutachtern.

Die Erkenntnisse aus der Arbeit der Gutachterkommission fließen in ärztliche Fortbildungsmaßnahmen ein und befördern damit den kontinuierlichen Verbesserungsprozess im medizinischen Fehlermanagement. Seit vielen Jahren unterstützt die Gutachterkommission durch jährliche Übermittlung der Begutachtungsinhalte und -ergebnisse auch die bundesweite Datenbank der Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen, die in der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern in Hannover unter dem Namen MERS (Medical Error Reporting System) angesiedelt ist und auch die jährliche Behandlungsfehlerstatistik der Bundesärztekammer erarbeitet.

 
Harmonisierung der Verfahrensordnungen auf dem Weg

Die Gutachterkommission erstellte im Berichtszeitraum darüber hinaus Statistiken und Fallmaterial zur Beantwortung einer Vielzahl interner und externer Anfragen, unter anderem für sechs Publikationen der Kommissionsmitglieder für die Veröffentlichungsreihe „Aus der Arbeit der Gutachterkommission“ im Rheinischen Ärzteblatt und weitere Veröffentlichungen von Dritten, sowie zwölf Vorträge, 14 interne und externe Datenanfragen für Fortbildungen, Qualitätszirkel und auch für die jährliche Konsensuskonferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen.

Anknüpfend an den Ausblick bei der Kammerversammlung am 24. November 2018 zur Harmonisierung der Verfahrensordnungen  der Gutachter- und Schlichtungsstellen berichtete Riedel, dass der Vorstand der Bundesärztekammer dem auf Bundesebene durch eine Arbeitsgruppe erarbeiteten Entwurf für eine Rahmenverfahrensordnung für die Gutachter- und Schlichtungsstellen im Dezember 2018 in großem Einvernehmen zugestimmt hat. Dahinter steht das Ziel, einen möglichst einheitlichen Auftritt zu schaffen, weil dies für die verfahrensbeteiligten Patienten und Ärzte, aber auch für Anwälte und Versicherungen eine Vergleichbarkeit der einzelnen Gutachter- und Schlichtungsstellen sichert und somit dem Wunsch nach mehr Transparenz und Verbraucherfreundlichkeit Rechnung trägt. In Nordrhein haben sich die Fraktionen der Kammerversammlung bereits grundsätzlich darauf verständigt, eine entsprechende Anpassung des hiesigen Statuts umzusetzen.

Riedel dankte allen, die die Gutachterkommission im Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer möglichst zügigen gutachtlichen Einschätzung zur Überprüfung gestellter Behandlungsfehlervorwürfe unterstützen.

 
Wer hilft den Helfern?

Unerwünschte Ereignisse und Komplikationen im Rahmen ärztlicher Behandlungen belasteten Patienten und beteiligte Ärzte auf unterschiedliche Weise, sagte Dr. Peter Kaup (Oberhausen) in der anschließenden Aussprache. Damit verbunden seien für Ärztinnen und Ärzte häufig Schuldgefühle, Hilflosigkeit, Stress und nicht zuletzt Belastungsreaktionen. Allerdings gebe es bisher kaum Angebote kollegialer Unterstützung bei problematischen Verläufen durch (vermutete) Fehler oder einem unerwarteten kritischen Zwischenfall. Hier sei eine professionelle Unterstützung mit dem Ziel einer schnellen Stabilisierung der Situation und der Erarbeitung konstruktiver Bewältigungsstrategien mit den Betroffenen zu fordern, wie vom Vorstand der Ärztekammer Nordrhein mit der Befassung mit dem Thema „Ärztegesundheit“ bereits in den Blick genommen.

Dr. med. Tina Wiesener ist Leiterin der Geschäftsstelle der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein.

Dr. med. Beate Weber ist die für die Dokumentation und Auswertung zuständige Referentin der Geschäftsstelle der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein.