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Gesundheits- und Sozialpolitik

Politik verspricht mehr Geld für Krankenhäuser in NRW

18.03.2022 Seite 23
RAE Ausgabe 4/2022

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 4/2022

Seite 23

Am 15. Mai wählt Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Politiker von CDU, FDP, SPD und Grünen haben sich beim Krankenhaus-Gipfel NRW am 3. März einmütig für höhere Investitionen in die Kliniken im Land ausgesprochen.  

von Heike Korzilius

Der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) Ingo Morell setzte zu Beginn des Krankenhaus-Gipfels am 3. März in Düsseldorf den Ton: Den Krankenhäusern fehlten jährlich 1,2 Milliarden Euro an Investitionen aus Landesmitteln für den Substanzerhalt und die Modernisierung von Gebäuden und Anlagen. Das belege das jüngste Investitionsbarometer NRW des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung und der hcb GmbH aus Essen. Dazu kämen die Kosten für den geplanten Umbau der Krankenhauslandschaft in NRW (siehe Kasten). „Um den neuen Krankenhausplan umzusetzen und zukunftsfähige Strukturen zu schaffen, sind in den nächsten fünf Jahren mindestens zwei Milliarden Euro erforderlich“, erklärte Morell. Die KGNW unterstütze die Reform der Krankenhausplanung, auch wenn dies eine schwierige Entscheidung gewesen sei. Die Alternative sei ein ungeregelter Strukturwandel, der auch bedarfsnotwendige Krankenhäuser bedrohe. 

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann kündigte an, dass er den neuen Krankenhausplan, der mit den beiden Ärztekammern des Landes, den Kostenträgern und der KGNW abgestimmt sei, noch vor der Landtagswahl in Kraft setzen werde. Zudem räumte er ein, dass der Wandel mit Geld hinterlegt sein müsse. „Dabei wird die Menge das Tempo der Umsetzung bestimmen“, sagte Laumann. Er rechne damit, dass jährlich eine Milliarde Euro in den Umbau der Krankenhauslandschaft investiert werden müsse. Flankiert werden müsse die Reform der Krankenhausplanung zudem von einer Überarbeitung der DRG-Systematik. „Insbesondere die Kinderkliniken und die Krankenhäuser auf dem Land müssen von Leistungen der Grund- und Regelversorgung leben können“, so der Minister.

Im Rahmen der Umsetzung des neuen Krankenhausplans rechnet er mit durchaus emotionalen Debatten. „Egal wer nach der Wahl die Reform umsetzen muss: Krankenhausstrukturen zu verändern, ist eine sehr gefahrengeneigte Tätigkeit“, sagte Laumann. Dabei gehe es nicht in erster Linie um Schließungen. Er werde dafür kämpfen, dass auch kleine Häuser gute Leistungen erbringen könnten, zum Beispiel indem sie sich auf geriatrische Angebote spezialisierten. 

Sicherheitsreserve vonnöten

Der Minister räumte ein, dass die Coronapandemie den Blick auf die stationäre Versorgung verändert habe. Die Bertelsmann Stiftung, die 2019 eine Halbierung der Zahl der Krankenhäuser in Deutschland gefordert hatte, würde ein solches Gutachten heute wohl nicht mehr vorlegen, vermutete er. „Es ist klar geworden, dass wir eine Sicherheitsreserve brauchen.“ Laumann bekannte sich deshalb erneut zu dem Ziel, dass die Menschen in NRW auch im Rahmen des neuen Krankenhausplans innerhalb von 20 Minuten ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung erreichen können müssen.  

Der SPD-Landesvorsitzende und Fraktionschef im Landtag Thomas Kutschaty sprach sich für einen Investitionsfonds für die Krankenhäuser aus, der mit zwei Milliarden Euro zusätzlich für die kommende Legislaturperiode ausgestattet sein sollte. Das Geld solle in eine bessere Ausstattung der Kliniken investiert werden und dafür sorgen, dass diese an ihren Standorten überlebensfähig blieben. Kutschaty hatte die Reform der Krankenhausplanung in der Vergangenheit stets abgelehnt. Auch beim Krankenhaus-Gipfel betonte er, die Krankenhauslandschaft in NRW müsse „vielfältig erhalten“ bleiben. Der SPD-Politiker räumte allerdings ein, dass nicht jedes Haus hochspezialisierte Leistungen erbringen könne. Er forderte zudem, die Planung nicht auf die Krankenhäuser zu verengen, sondern die Gesamtsituation in einer Region in den Blick zu nehmen. „Wir müssen auch den sich abzeichnenden Haus- und Fachärztemangel mitdenken“, sagte Kutschaty. Kleine Krankenhäuser könnten insbesondere in strukturschwachen Regionen dabei helfen, Lücken in der ambulanten Versorgung zu schließen. 

Der FDP-Landesvorsitzende und NRW-Familienminister, Joachim Stamp, und die Landesvorsitzende der Grünen, Mona Neubaur, sprachen sich ebenfalls für höhere Investitionen aus dem Landeshaushalt in die Krankenhäuser aus. „Wir müssen Vorsorge treffen, dass die Krankenhäuser dauerhaft leistungsfähig sind“, sagte Stamp. Dabei seien die Investitionskostenfinanzierung und die Umsetzung des neuen Krankenhausplans nicht voneinander zu trennen.

Mehr Unterstützung für die Krankenhäuser auch aus dem Bundeshaushalt wünschte sich Neubaur. Nur so ließen sich Investitionslücken schließen. Zugleich wies sie auf neue Herausforderungen angesichts des Klimawandels und des Krieges zwischen Russland und der Ukraine hin. Zum einen müssten die Krankenhäuser verstärkt in ihre IT-Sicherheit investieren, um sich vor Cyber-Angriffen zu schützen. Zum anderen müssten sich die Einrichtungen auf die Folgen des Klimawandels wie Hitzewellen vorbereiten.

Leistungs- statt Bettenplanung

Statt Betten sollen in NRW künftig verstärkt Leistungen geplant werden. Ziel ist es, Überkapazitäten in den Ballungsgebieten abzubauen, eine Spezialisierung bei komplexen medizinischen Leistungen zu erreichen und zugleich eine flächendeckende Grundversorgung auf dem Land zu erhalten. Damit Krankenhäuser in Zukunft den Zuschlag für eine Leistung erhalten können, müssen sie die technische Ausstattung und das entsprechende Fachpersonal vorhalten. Die neue Planungssystematik richtet sich an 64 Leistungsgruppen und 32 übergeordneten Leistungsbereichen aus. Diese bilden medizinische Fachgebiete und medizinische Leistungen wie Hüft- oder Knie-Endoprothesen ab. Der Bedarf wird anhand der jährlichen Fallzahlen ermittelt.    

HK