Der 129. Deutsche Ärztetag (DÄT) in Leipzig stand zum einen im Zeichen hoher Erwartungen an den Auftritt der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken. Zum anderen standen auf dem Ärztetag wichtige gesundheits- und berufspolitische Themen zur Entscheidung an, die lang und intensiv debattiert wurden: Am Ende hat der Deutsche Ärztetag beim Thema GOÄ mit großer Mehrheit dem BÄK-Vorstand das Mandat gegeben, die konsentierte GOÄ neu an den Verordnungsgeber zu übergeben. Auch beim Thema Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gab es nach differenzierter Debatte eine klare Mehrheitsentscheidung. Wie die nordrheinischen Abgeordneten den Ärztetag in Leipzig ganz persönlich erlebt haben und welche Anträge und Debatten ihnen am wichtigsten waren, schilderten sie dem Rheinischen Ärzteblatt.

Mit Vernunft und Augenmaß konnten wir die neue GOÄ bescheiden. Nicht vergessen werden wir die Zusicherung von Frau Ministerin Warken zur zeitnahen Umsetzung, aber auch das Versprechen der BÄK zur Reevaluation und Nachbesserung! Der Austausch zu §218 war, trotz eines steten ethisch-moralischen Balanceaktes, von Empathie und Verständnis geprägt; hierdurch konnten wir den wichtigsten Schritt gehen und geeint eine Entkriminalisierung im ersten Trimenon fordern.
Besonders erfreulich waren auch Anträge zu Nachschärfungen bezüglich des Datenschutzes und der Qualität der ePA, insbesondere vor dem Hintergrund der Eindrücke, die sich aus den Debatten und Beschlüssen im Kontext der KI eröffnet haben. Als Ärzte müssen wir stets letztverantwortlich im Sinne unserer Patienten bleiben!

Die Teilnahme am Ärztetag war für mich eine spannende, aber auch fordernde Erfahrung. Nach vier intensiven Tagen war ich nicht nur mit der Geschäftsordnung vertraut, sondern hatte auch einen Einblick in die komplexe parlamentarische Arbeit der ärztlichen Selbstverwaltung gewonnen. Die Stimmung schwankte: Vieles wirkte im Vorfeld abgestimmt, doch immer wieder kam es zu lebendigen Debatten und echten Entscheidungsprozessen. Am Ende stand eine Reihe demokratisch legitimierter Beschlüsse – ein wichtiges Zeichen dafür, dass der Ärztetag als Organ der Ärzteschaft ernstzunehmende politische Impulse setzt.
Besonders positiv empfand ich die Offenheit gegenüber Künstlicher Intelligenz. Dass ihr Potenzial anerkannt und konstruktiv diskutiert wurde, stimmt mich hoffnungsvoll für die Zukunft unserer Arbeit. Auch der Beschluss zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs war für mich ein starkes Signal – ein notwendiger Schritt, dem idealerweise auch gesellschaftlich Bewegung folgt.
Bei der neuen GOÄ wurde ein längst überfälliger Beschluss gefasst. Auch wenn ich nicht in allen Punkten überzeugt bin, ist es wichtig, dass wir einen Schritt weiter gegangen sind. Es bleibt zu hoffen, dass die Umsetzung den Anforderungen unserer ärztlichen Tätigkeit gerecht wird.
Insgesamt hat mich der Ärztetag darin bestärkt, wie wichtig es ist, sich aktiv einzubringen – auch jenseits des klinischen oder praktischen Alltags. Denn nur so gestalten wir unsere berufliche Zukunft mit.

Erstmalig als Abgeordnete auf einem Deutschen Ärztetag habe ich eine Weile gebraucht, mich mit dem Antragsportal und der Sortierung von über 200 Anträgen zurecht zu finden. Eine Zusammenfassung mancher ähnlich lautender Anträge durch Absprachen der Antragsteller und Antragstellerinnen im Vorfeld des Deutschen Ärztetages könnte das Antragsvolumen verkleinern und strukturieren. Als positives Beispiel sehe ich den sehr wichtigen, in Nordrhein fraktionsübergreifend erarbeiteten Antrag zum Schwangerschaftsabbruch an, in dem unter anderem die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in den ersten zwölf Wochen pc, niederschwellige, zeitnahe Versorgungsangebote für ungewollt Schwangere und der Datenschutz auf der ePA gefordert werden. Im Antrag ebenfalls enthalten ist der Schutz von Abbrüche durchführenden Kolleginnen und Kollegen vor Drangsalierungen, Bedrohungen und Angriffen. Vor allem aber wird dort gefordert, auf eine gesellschaftliche Veränderung hinzuarbeiten, die die Zukunft von Kindern und Familien finanziell und sozial stärkt (KiTa, Schulen, Wohnraum) sowie die Prävention ungewollter Schwangerschaften ausbaut. Über den mehrheitlichen Zuspruch zu diesem ausgewogenen Antrag freue ich mich sehr.
Ich bin von meinem ersten Ärztetag inspiriert und motiviert für die weitere Kammerarbeit zurückgekehrt. Besonders gefreut habe ich mich über das überragend positive Votum für den nordrheinischen Antrag zur ärztlichen Position zum Schwangerschaftsabbruch. Es ist außerdem beruhigend, dass die GOÄneu den wichtigen Etappenschritt des positiven Ärztetags-Beschlusses geschafft hat und es diesbezüglich, nach der jahrelangen Vorarbeit, endlich weitergehen kann. Zahlreiche Anträge aus dem Bereich der ärztlichen Aus- und Weiterbildung zeigen, dass wir hier noch besser werden können. Einige Forderungen werden bereits seit Jahren erhoben: Die Umsetzung einer neuen Approbationsordnung, faire PJ-Vergütung, Anpassung der Lehrinhalte an neue Herausforderungen wie etwa Künstliche Intelligenz, individuelle Gefährdungsbeurteilungen beim Einsatz von Schwangeren und Stillenden in der Weiterbildung oder die Forderung nach einer manipulationssicheren Zeiterfassung. Auf dem Ärztetag wurde gefordert, dass die Weiterbildungsbefugten darin unterstützt werden, neben dem Weiterbildungsplan auch ein didaktisches Weiterbildungskonzept aufzustellen. In Nordrhein wird dies seit neustem abgebildet im Rahmen der „Train-the-Trainer“ Programme der Ärztlichen Akademie.
Einziger Wermutstropfen: Es ist nachvollziehbar, dass viele Abgeordnete erst in Präsenz während des Ärztetags Gespräche führen und Mehrheiten für Anträge sammeln können. Trotzdem war es für mich anstrengend, neben den intensiven Plenarsitzungen die zahlreichen neu eingehenden, teils komplexen und lang begründeten Anträge zu sichten und mir jeweils ein Bild dazu zu machen. Gewünscht hätte ich mir daher, dass mehr Anträge bereits vorher im Portal eingestellt sind. Hier wäre eine bessere Koordination wünschenswert.

Besonders beeindruckt hat mich, wie es der Ärzteschaft nach kontroversem, aber kollegialem Diskurs gelungen ist, sich in schwierigen Themen wie dem §218 und der GOÄneu klar zu positionieren. Bei der GOÄneu war es aus meiner Sicht besonders richtig, das ärztliche Handeln, die ärztliche Zuwendung und die patientennahe Versorgung in den Mittelpunkt der Reform zu stellen.

Als Arzt in Weiterbildung war es für mich eine wertvolle Erfahrung, zum ersten Mal als Delegierter beim Deutschen Ärztetag mitwirken zu dürfen. In einer Zeit großer Herausforderungen – von der Digitalisierung über den Bürokratieabbau bis hin zu den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels – war es beeindruckend zu erleben, mit welchem Verantwortungsbewusstsein und Engagement Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland für eine zukunftsfähige und patientenzentrierte Gesundheitsversorgung eintreten.
Die Forderung nach der Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs war ein klares Bekenntnis zu Frauenrechten und zur Unterstützung aller Ärztinnen und Ärzte, die verantwortungsvoll begleiten und behandeln. Auch die breite Zustimmung zu den zahlreichen Anträgen zur Kindergesundheit und Prävention war für mich ein starkes Zeichen, gerade im Hinblick auf die junge Generation. Sie unterstreicht unsere besondere Verantwortung als Ärztinnen und Ärzte gegenüber Kindern, Jugendlichen und den kommenden Generationen.
Diese intensive Form der demokratischen Selbstverwaltung zeigt: Unsere ärztliche Gemeinschaft ist lebendig, verantwortungsvoll und bereit, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Ich bin stolz darauf, ein Teil davon zu sein.

Es war eine Freude mitzuerleben, dass Demokratie mit Anstand und Respekt in unserem Parlament gelebt wird. Es war eine Freude, zu erfahren, dass wir uns mehrheitlich geschlossen hinter – zunächst sehr kontrovers debattierte – Themen gestellt haben. Es war eine Freude, ein Beispiel in Sachen Vernunft abzugeben. Ich bin dankbar und zufrieden für dieses gute Zeichen, dass wir vom Deutschen Ärztetag in die Welt ausgestrahlt haben.