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15. Gebiet Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie


Definition:

Das Gebiet Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie umfasst die Erkennung, Behandlung, Prävention und Rehabilitation bei psychischen, psychosomatischen, entwicklungsbedingten und neurologischen Erkrankungen oder Störungen sowie bei psychischen und sozialen Verhaltensauffälligkeiten im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter und bei Heranwachsenden auch unter Beachtung ihrer Einbindung in das familiäre und soziale Lebensumfeld.

Facharzt/Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

(Kinder- und Jugendpsychiater und –psychotherapeut / Kinder- und Jugendpsychiaterin und -psychotherapeutin)

Weiterbildungsziel:

Ziel der Weiterbildung im Gebiet Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie ist die Erlangung der Facharztkompetenz nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte.

Weiterbildungszeit:

60 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1, davon

  • 12 Monate in Kinder- und Jugendmedizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie und/oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, davon können
    • 6 Monate in Neuropädiatrie angerechnet werden
  • können bis zu 30 Monate im ambulanten Bereich abgeleistet/angerechnet werden
Weiterbildungsinhalt:

Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in

  • allgemeiner und spezieller Psychopathologie einschließlich der biographischen Anamneseerhebung, Verhaltensbeobachtung und Explorationstechnik
  • Abklärung und Gewichtung der Entstehungsbedingungen psychischer Erkrankungen und Störungen im Kindes- und Jugendalter einschließlich der Aufstellung eines Behandlungsplanes
  • (entwicklungs-)neurologischen Untersuchungsmethoden
  • psychodiagnostischen Testverfahren
  • Früherkennung, Krankheitsverhütung, Rückfallverhütung und Verhütung unerwünschter Therapieeffekte
  • der Krankheitslehre und Differentialdiagnostik psychosomatischer, psychiatrischer und neurologischer Krankheitsbilder
  • sozialpsychiatrischen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen
  • wissenschaftlichen psychotherapeutischen Verfahren
  • der Indikationsstellung und Technik der Übungsbehandlung, z. B. funktionelle Entwicklungstherapie, systematische sensomotorische Übungsbehandlung, insbesondere heilpädagogische, sprachtherapeutische, ergotherapeutische, bewegungstherapeutische und krankengymnastische Maßnahmen, sowie indirekte kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung durch Verhaltensmodifikationen von Bezugspersonen
  • der Indikationsstellung und Methodik neuroradiologischer und elektrophysiologischer Verfahren einschließlich der Beurteilung und der Einordnung in das Krankheitsbild
  • der Facharztkompetenz bezogenen Zusatz-Weiterbildung Suchtmedizinische Grundversorgung als integraler Bestandteil der Weiterbildung
Weiterbildung im speziellen Neurologie-Teil
  • Krankheitslehre neurologischer Krankheitsbilder, Diagnostik und Therapie von Schmerzsyndromen, neurophysiologische und neuropathologische Grundlagen kinder- und jugendpsychiatrischer Erkrankungen
  • Methodik und Technik der neurologischen Anamnese
  • Methodik und Technik der neurologischen Untersuchung
  • Indikationsstellung, Durchführung und Beurteilung neurophysiologischer und neuropsychologischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
  • Indikationsstellung, Durchführung und Bewertung der Elektroenzephalographie sowie evozierte Potentiale
  • Grundlagen der Somato- und Pharmakotherapie neurologischer Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters
Strukturierte Weiterbildung im allgemeinen Psychiatrie-Teil

(Die strukturierten Weiterbildungsinhalte werden kontinuierlich an einer anerkannten Weiterbildungseinrichtung oder im Weiterbildungsverbund erworben.)

  • Behandlung psychischer Krankheiten und Störungen mit der Definition von Behandlungszielen, der Indikationsstellung für verschiedene Behandlungsverfahren einschließlich Anwendungstechnik und Erfolgskontrolle sowie der Festlegung eines Behandlungsplanes, dabei sind insbesondere somato-, sozio- und psychotherapeutische Verfahren unter Einbeziehung der Bezugspersonen zu berücksichtigen
  • sozialpsychiatrische Behandlung und Rehabilitation unter Berücksichtigung extramuraler, komplementärer Versorgungsstrukturen, der Kooperation mit Jugendhilfe, Sozialhilfe und Schule
  • Diagnostik und Therapie bei geistiger Behinderung
  • 60 supervidierte und dokumentierte Erstuntersuchungen unter Berücksichtigung biologisch-somatischer, psychologischer, psychodynamischer und sozialpsychiatrischer Gesichtspunkte und unter Beachtung einer diagnostischen Klassifikation und der Einbeziehung symptomatischer Erscheinungsformen sowie familiärer, epidemiologischer, schichtenspezifischer und transkultureller Gesichtspunkte
  • 10 Stunden Seminar zur standardisierten Diagnostik
  • Methodik der psychologischen Testverfahren und der Beurteilung psychologischer und psychopathologischer Befunderhebung in der Entwicklungs- , Leistungs- und Persönlichkeitsdiagnostik (Durchführung von je 10 Testen)
  • Methodik neuropsychologischer Verfahren einschließlich Fremd- und Selbstbeurteilungsskalen
  • 40 Stunden Fallseminar über Kontraindikation und Indikation medikamentöser Behandlungen und anderer somatischer Therapieverfahren in Wechselwirkung mit der Psycho- und Soziotherapie einschließlich praktischer Anwendungen
  • Gutachten zu Fragestellungen aus den Bereichen der Straf-, Zivil-, Sozial- und freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere nach dem Jugendhilferecht, Sozialhilferecht, Familienrecht und Strafrecht
  • Durchführung der Befundung und Dokumentation von 20 abgeschlossenen Therapien unter kontinuierlicher Supervision einschließlich des störungsspezifischen psychotherapeutischen Anteils der Behandlung und sozialpsychiatrischer Behandlungsformen bei komplexen psychischen Störungsbildern
  • Durchführung von Befundung und Dokumentation von 20 abgeschlossenen Therapien in der Gruppe unter kontinuierlicher Supervision und unter Berücksichtigung störungsspezifischer Anteile bei komplexen psychischen Störungsbildern
Strukturierte Weiterbildung im speziellen Psychotherapie-Teil

(Die Psychotherapie-Weiterbildungsinhalte werden kontinuierlich an einer anerkannten Weiterbildungseinrichtung oder im Weiterbildungsverbund erworben.)

  • 100 Stunden Seminarweiterbildung, Kurse, Praktika und Fallseminare über theoretische Grundlagen der Psychotherapie, insbesondere allgemeine spezielle Neurosenlehre, Entwicklungspsychologie und Entwicklungspsychopathologie sowie der Theorie und Methodik der Verhaltenstherapie, Theorie und Therapie in der Psychosomatik
  • Kenntnisse in Therapien unter Einschluss der Bezugspersonen, davon 5 Doppelstunden Familientherapie, 10 Behandlungsstunden Krisenintervention unter Supervision und 8 Behandlungsstunden supportive Psychotherapie unter Supervision
  • 16 Doppelstunden autogenes Training oder progressive Muskelentspannung oder Hypnose
  • 10 Stunden Seminar und 6 Behandlungen unter Supervision in Kriseninterventionen, supportive Verfahren und Beratung
  • 10 Stunden Seminar in psychiatrisch-psychotherapeutischer Konsil- und Liaisonarbeit unter Supervision
  • 240 Therapiestunden mit Supervision nach jeder 4. Stunde entweder in Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie bzw. in wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren und Methoden im gesamten Bereich psychischer Erkrankungen einschließlich Suchterkrankungen, bei denen die Psychotherapie im Vordergrund des Behandlungsspektrums steht
  • 35 Doppel-Stunden Balintgruppenarbeit
Selbsterfahrung
  • 150 Stunden Einzel- oder Gruppenselbsterfahrung entweder in Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie bzw. in einem wissenschaftlich anerkannten Verfahren. Die Selbsterfahrung muss im gleichen Verfahren erfolgen, in welchem auch die 240 Psychotherapiestunden geleistet werden.