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Entschließungen der Kammerversammlung am 12. November 2022 im Wortlaut


Finanzielle Sicherung der ambulanten und stationären Versorgung während der Energiekrise

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert Energiekostenzulagen für die ambulante und stationäre Versorgung. 

Die nordrheinische Ärzteschaft unterstützt deshalb bei Fehlen angemessener Honorarsteigerungen die Forderung der Bundesärztekammer nach einer steuerfinanzierten Energiezulage für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Form eines gestaffelten Zuschusses auf Grundlage der Gas- und Stromrechnungen aus dem Vorjahr. 

Darüber hinaus fordert die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein die Entwicklung einer gezielten, verlässlichen Unterstützung der Krankenhäuser zum Ausgleich der zusätzlichen Energiekosten.

Sicherung der ambulanten und stationären Versorgung bei großflächigen Stromausfällen

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die Landesregierung auf, Pläne für die Aufrechterhaltung der ambulanten und stationären Krankenversorgung bei längeren und/oder großflächigen Stromausfällen zu entwickeln und zu veröffentlichen.

Die Pläne müssen insbesondere folgende Szenarien berücksichtigen:

  • Geplante regional und zeitlich begrenzte Abschaltungen von Stromnetzen
  • Ungeplante auch flächendeckende Stromausfälle

Folgende Aspekte sollen behandelt werden:

  • Aufrechterhaltung der Kommunikation zwischen den Einrichtungen des Gesundheitswesens
  • Information über die voraussichtliche Leistungsfähigkeit von angrenzenden Gesundheitseinrichtungen in den einzelnen Szenarien
  • Informationen über die Erreichbarkeit funktionsfähiger Einrichtungen im Gesundheitswesen in den einzelnen Szenarien
  • Berücksichtigung des ambulanten und des stationären Sektors
  • Berücksichtigung von Einrichtungen, in denen besonders vulnerable Bewohnergruppen leben
  • Information über die möglichen Überbrückungszeiträume der einzelnen Einrichtungen durch eine Notstromversorgung inkl. der Entwicklung von Konzepten zur Verlängerung der Zeiträume z.B. durch Lieferung von Energieträgern im Krisenfall 

Einführung der Tagesbehandlung nicht ausreichend für eine kurzfristige Entlastung der Krankenhäuser

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die Bundesregierung auf, Konzepte für eine kurzfristige organisatorische und finanzielle Entlastung der Krankenhäuser vorzulegen. Die von der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vorgeschlagene Einführung der Vergütung einer tagesstationären Behandlung mag im Einzelfall berechtigte Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten rechtskonform erfüllen, führt jedoch nicht zu einer wesentlichen Entlastung der Krankenhäuser. Der organisatorische Mehraufwand wird die erhofften personellen Entlastungen zunichtemachen. Darüber hinaus sind durch die Einführung der tagesstationären Behandlung nachteilige Auswirkungen auf andere Sektoren zu befürchten.

Zügige und flächendeckende Abschaffung des Fallpauschalen-Systems

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein bekräftigt die Forderung, das Fallpauschalen-System in seiner jetzigen Form (G-DRG-System) flächendeckend abzuschaffen. Durch die systemimmanenten Fehlanreize führt das Fallpauschalen-System zu Qualitätsverlusten und volkswirtschaftlichen Schäden in der Patientenversorgung.

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein begrüßt, dass der Gesetzgeber und der Bundesgesundheitsminister die Fehlanreize des Fallpauschalen-Systems anerkennen und erste Schritte aus dem System gehen. Die bereits im Jahr 2020 umgesetzte Ausgliederung der Pflegepersonalkosten und die Ankündigung, jetzt sehr personal- und zeitaufwändige Bereiche der stationären Behandlung, namentlich die Kinderheilkunde und Geburtshilfe, aus der Bezahlung nach Fallpauschalen herauszunehmen, werden als erster Schritt aus dem System unterstützt.

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert, dass der Ausstieg aus den Fallpauschalen zügig fortgesetzt wird und zeitnah durch ein System mit einer auskömmlichen Finanzierung der Vorhaltekosten ersetzt wird.

GOÄ-Beschlusslage 126. Deutscher Ärztetag, Bremen 2022 – Umsetzung in Nordrhein

Der 126. Deutsche Ärztetag hat die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern aufgefordert, gegenüber ihren Mitgliedern aktiv zu werden, sofern der Verordnungsgeber die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) neu nicht bis zum 31. Dezember 2022 in Kraft setzt (Beschlussantrag I c-131).

In diesem Fall sollen BÄK und Landesärztekammern, damit auch die Ärztekammer Nordrhein, die Ärzteschaft über die rechtskonforme Möglichkeit der Anwendung höherer Steigerungsfaktoren als den 2,3-fachen Regelsteigerungssatz informieren. Ebenso ist die Ärzteschaft über die in der geltenden GOÄ normierte Möglichkeit besonderer Honorarvereinbarungen (sogenannte Abdingung) mit höheren Steigerungsfaktoren als dem 2,3-fachen Regelsteigerungssatz nachhaltig zu informieren. Diese Abdingung wird insbesondere für Gesprächs-, persönliche Untersuchungs- und andere zuwendungsintensive Arztleistungen verstärkt in Erwägung gezogen.

Besondere Honorarvereinbarungen sind ein Instrument in der geltenden GOÄ, um allen liquidationsberechtigten Ärztinnen und Ärzten in rechtssicherer Weise die Möglichkeit auf ein angemessenes Honorar für die jeweilige Behandlung oder die sonstige ärztliche Tätigkeit zu eröffnen.

Die Ärztekammer Nordrhein wird aufgrund dieser Beschlusslage nunmehr aufgefordert, die nordrheinische Ärzteschaft im geltenden Rechtsrahmen über die Anwendung von Steigerungsfaktoren über dem Regelsteigerungssatz von 2,3 und über die Modalitäten der Abdingung zu unterrichten und die Ärztinnen und Ärzte bei formalen Fragen im Zusammenhang mit besonderen Honorarvereinbarungen zu unterstützen.

Als erster Schritt ist als Regelsteigerungssatz der 3,5-fache Satz nach der GOÄ, insbesondere für ärztliche Leistungen im direkten Arzt-Patienten-Kontakt, anzustreben. Die rechtssichere Beratung zu den Voraussetzungen dafür erfolgt durch die Ärztekammer Nordrhein. 

Darüber hinausgehende Steigerungen, auch ohne patientenindividuelle Begründungen, sind durch gesonderte Honorarvereinbarungen (Abdingung) umsetzbar. Die rechtssichere Beratung zu den Voraussetzungen dafür erfolgt durch die Ärztekammer Nordrhein.

Anhebung von Arzthonoraren nach der GOÄ nach eigener Mitteilung der Bundesregierung geboten - Umsetzung ist überfällig

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein stellt fest, dass die Bundesregierung selbst Defizite der GOÄ auch in Bezug auf die Honorarhöhe attestiert. Die Kammerversammlung begrüßt den in der Begründung zitierten Hinweis der Regierung, dass sich die Defizite der alten GOÄ teilweise mit Analogbewertungen, Steigerungen und abweichenden Vereinbarungen heilen lassen. Die Ärztekammer Nordrhein soll die
nordrheinische Ärzteschaft über diese Sichtweise der Bundesregierung unterrichten. Zweck ist die Überprüfung und ggfls. Anpassung der ärztlichen Liquidationsmöglichkeiten.

Sicherstellung der Patientenbehandlung bei Stromausfall

Die Kammerversammlung bittet den Vorstand der Ärztekammer Nordrhein, mit Nachdruck auf die Gefährdung der medizinischen Versorgung im Falle eines (Teil-)Blackouts hinzuweisen und den kommunalen Behörden und grundversorgenden Stromanbietern ihre Unterstützung bei der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen anzubieten.

Qualitätssicherung der Patientenbehandlung durch Transparenz der Eigentumsverhältnisse

Ärzte und Patientenvertreter fordern Transparenz bei der Suche nach Praxen und Therapieangeboten durch Kliniken und MVZ. Dies ist erreichbar durch Offenlegung der Besitz- und Eigentumsverhältnisse der Anbieter in den Suchportalen. 

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein bittet den Vorstand der Ärztekammer, mit Nachdruck die Erstellung eines Transparenzregisters einzufordern, in welchem die Besitz- und Eigentumsverhältnisse an den Gesundheitseinrichtungen offengelegt werden.

Sicherung der Ressourcen der GKV gegenüber „Fremdinvestoren"

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert den Gesetzgeber auf, die Ausbreitung investorengesteuerter MVZ zu beenden, unter anderem durch folgende Maßnahmen:

  • Einführung eines Transparenzregisters
  • Anpassung des Zulassungsrechts
  • Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen, um eine sukzessive Übernahme von Geschäftsanteilen durch junge Ärztinnen und Ärzte zu erleichtern

Hitzeaktionspläne in Gesundheitseinrichtungen

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die Träger von Einrichtungen im Gesundheitswesen auf, der zunehmenden Bedeutung hitzebedingter Morbidität und Mortalität Rechnung zu tragen. Die bereits laufenden Bemühungen in Fort- und Weiterbildung sollten durch weitere Maßnahmen unterstützt werden. Zu den Maßnahmen gehört auch die Umsetzung notwendiger baulicher und organisatorischer
Klimaanpassungsmaßnahmen zum Schutz von Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Gesundheitseinrichtungen.

Hitzeaktionspläne

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein begrüßt die Förderung der Landesregierung bei der Einführung von kommunalen Hitzeaktionsplänen in NordrheinWestfalen. In Anbetracht des Klimawandels mit extremen Hitzeperioden fordert die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein deren schnelle verpflichtende Einführung bis zum 1. Mai 2023. Da die erforderlichen Investitionen in die Infrastruktur zur
Reduktion der Durchschnittstemperatur in Innenstädten derzeit einen Hinderungsgrund für die schnelle Umsetzung dieser Hitzeaktionspläne darstellen, fordert die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein die Landesregierung NRW zudem auf, Maßnahmen, die ohne große Investitionen realisiert werden können, wie 

  • die Erstellung von Alarmplänen bei Hitzeperioden mit Ergreifen entsprechender Maßnahmen für Krankenhäuser, stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen, Kindergärten und Schulen
  • das Ausweisen von kühlen Aufenthaltsmöglichkeiten für gefährdete Menschen
  • die Schaffung von Trinkbrunnen in den Innenstädten, in den Kitas und in den Schulen
  • ein Verbot schulischer Sportveranstaltungen im Freien bei Überschreiten von festgelegten Temperaturen

schnellstmöglich zu beschließen und umzusetzen.

Krankenhäuser klimakrisenfest aufstellen

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die Klinikträger auf, alle Kliniken bis Sommer 2030 baulich so zu ertüchtigen, dass auch bei länger anhaltenden Hitzewellen mit Außentemperaturen von mehr als 40 Grad Celsius das Innenraumklima in allen Bereichen auf einem den jeweiligen medizinischen Erfordernissen entsprechenden Niveau gehalten werden kann. Dazu gehört die umfängliche Ausstattung mit Beschattungs- und Klimatisierungssystemen in allen Bereichen. Bei der Auswahl der Klimatisierungssysteme sind Aspekte der Auswirkungen auf das globale Klima zu berücksichtigen.

Klimaneutralität der Krankenhäuser in NRW

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die Landesregierung auf, bei allen geförderten Neubaumaßnahmen von Krankenhäusern, ein klimaneutrales Gebäudemanagement als Bewilligungsvoraussetzung einzufordern. Mindestens der Passivhausstandard muss sichergestellt werden. Bei geförderten Umbaumaßnahmen ist darauf zu achten, dass sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung der Energiebilanz umgesetzt werden.

Ärztekammer Nordrhein lehnt die Einführung einer Abgabe von Cannabis außerhalb medizinischer Indikationen ab

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein lehnt die Einführung einer Abgabe von Cannabis außerhalb medizinischer Indikationen ab. Die Kammerversammlung stellt erneut fest, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen, wie das vermehrte Auftreten von psychischen Erkrankungen, kognitiven Einschränkungen, Hirninfarkten und amotivationalen Syndromen, die soziale Probleme hervorrufen, bei regelmäßigem Konsum auch bei Erwachsenen zu erwarten sind. Ebenso können körperliche Symptome auftreten, wie z. B. generalisierter Juckreiz, der schwer zu therapieren ist. Ob eine Abstinenz nach längerem, regelmäßigem Konsum zu einer Rückbildung der Symptome führt, ist bisher nicht belegt.

Sollte die Legalisierung einer Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken gleichwohl umgesetzt werden, fordert die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein den Gesetzgeber auf, geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen, um den Konsum zu verringern und bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen den Konsum zu verhindern. Zusätzlich müssen Maßnahmen etabliert werden, welche die zu erwartenden gesundheitlichen und sozialen Folgeschäden mindern. Dies erfordert eine Bereitstellung von ambulanten und stationären Strukturen zur Langzeittherapie einschließlich der erforderlichen Kostendeckung.

Insbesondere sind nicht nur die Höchstmenge bei Erwerb und Besitz zu definieren, sondern auch die darin enthaltene maximal erlaubte Wirkstoffkonzentration, da diese ein wesentliches Kriterium für die schädigende Wirkung von Cannabis ist. Die Kammerversammlung weist darauf hin, dass selbst in den Niederlanden nur eine Höchstmenge von 5 Gramm zulässig ist. Höhere Mengen für den Erwerb und den Besitz sind zur Abdeckung eines Tagesbedarfs nicht notwendig und werden abgelehnt.

Die Kammerversammlung weist darauf hin, dass eine Packungsbeilage nur unvollständig über die Risiken aufklärt, wenn konkrete Hinweise auf psychische Erkrankungen, kognitive Defizite, Hirninfarkte und soziale Folgeschäden nicht erwähnt werden oder diese Hinweise sich nur auf Konsumierende mit einem Alter unter 25 Jahren beziehen.

Die Kammerversammlung stellt fest, dass hier neben Alkohol und Tabakwaren ein neuer Drogenbereich aus politischen Erwägungen etabliert wird, der zweifelsohne wie die anderen beiden Substanzklassen Steuereinnahmen erschließt, dabei aber gesundheitliche Schäden in Kauf nimmt.

Beendigung des Betriebes von Impfzentren hilft, Ressourcen zu sparen

Die Kammerversammlung begrüßt, dass die Landesregierung angekündigt hat, endlich den Betrieb der kostenintensiven Impfzentren zu beenden. Der Bedarf besteht seit Monaten nicht mehr. Gerade in Zeiten hoher Inflation und drohender Rezession sowie der Energiekrise ist der Staat gefordert, Steuer- und Versichertengelder zweckorientiert und mit möglichst hoher Effektivität einzusetzen.

Ausgewogenes und nachhaltiges Kindergarten- und Schulessen gerade in Krisenzeiten sicherstellen

Alle Kinder und Jugendliche benötigen gerade in Zeiten von Inflation und Energiekrise Zugang zu ausgewogenem und nachhaltigem Kita- und Schulessen. Die Kammerversammlung fordert deswegen die Landesregierung Nordrhein-Westfalen auf, die Vereinbarungen aus dem Zukunftsvertrag NRW 2022-2027 vom 23. Juni 2022 zum Thema „Frühkindliche Bildung“ konsequent und zeitnah umzusetzen.

So heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir streben eine kostenfreie Verpflegung in Kitas an und werden Eltern schrittweise einkommensabhängig von Essensgeldern entlasten. Über die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung unterstützen wir die Verantwortlichen vor Ort dabei, Konzepte zu gesunder Ernährung und Ernährungsbildung entsprechend den Qualitätsstandards der ,Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.' umzusetzen."

Die Kammerversammlung fordert ergänzend dazu, dass diese Zielvorgaben auch für die Schulverpflegung in Grundschulen und weiterführenden Schulen gelten sollen und entsprechende Umsetzung erfahren.

Eine ungünstige Ernährung (hoher Konsum stark zucker- und fetthaltiger und/oder hochverarbeiteter Lebensmittel, geringer Konsum von frischem Obst und Gemüse etc.) hat langanhaltende Auswirkungen auf die Gesundheit aller Heranwachsenden, dies wurde auch in der Coronakrise verstärkt deutlich. Aktuelle Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien in den letzten zwei Jahren doppelt so häufig von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen waren wie Kinder und Jugendliche aus einkommensstarken Familien (23 Prozent zu 12 Prozent). Eine gesundheitsfördernde Schulverpflegung aller Kinder und Jugendlichen aus allen Teilen der Gesellschaft ist ein unverzichtbarer gesamtgesellschaftlicher Beitrag für die Zukunft unserer Gesellschaft und darf nicht von elterlichen Einkommensverhältnissen abhängen.

Ärztekammer fordert geregelte Strukturen für online angebotene Gesundheitsleistungen

Die Kammerversammlung fordert den Gesetzgeber auf, die gewerbliche Betätigung von Unternehmen, die online Heilkunde jenseits der zugelassenen Strukturen bewerben und erbringen lassen, zu regulieren.

Ärztekammer Nordrhein drückt Solidarität mit dem ukrainischen Ärzteverband und allen Beschäftigten des Gesundheitswesens in der Ukraine aus

Die Kammerversammlung unterstützt die im Rahmen der 73. Generalversammlung des Weltärztebundes (WMA) in Berlin verabschiedete Resolution über humanitäre und medizinische Hilfe für die Ukraine vom 10. Oktober 2022 (https://www.wma.net/policiespost/wma-resolution-in-support-of-medical-personnel-and-citizens-of-ukraine-in-the-face-of-the-russian-invasion/)

Ärztliche Leitung für Gesundheitsämter unverzichtbar

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert, dass Gesundheitsämter in aller Regel von Ärztinnen und Ärzten mit der Weiterbildung Facharzt/Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen geleitet werden. Das wird den vielfältigen Anforderungen an Gesundheitsämter, u. a. beim Infektionsschutz, dem Hygieneschutz, der Schwangeren- und Mütterberatung, der Kinder- und Jugendgesundheit, der medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderungen, psychischen Erkrankungen oder Abhängigkeitserkrankungen und beim Umgang mit anderen vulnerablen Gruppen wie Wohnungslosen, am ehesten gerecht. Auch die Erstellung von ärztlichen Gutachten, Attesten und Zeugnissen gehört ebenso wie die Arzneimittelüberwachung u. a. zu den gesetzlich vorgeschriebenen ärztlichen Aufgaben der Gesundheitsämter.

Das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG NRW) vom 25. November 1997 hat eine ausreichende Besetzung mit Fachärztinnen und Fachärztinnen für das Öffentliche Gesundheitswesen sowie mit anderen Fachärztinnen und Fachärzten vorgeschrieben. Über die dort festgelegte ärztliche Leitung der medizinischen Dienste hinaus ist es jedoch geboten, auch die Gesamtverantwortung
der Leitung eines Gesundheitsamtes einer bzw. einem sachgerecht qualifizierten Ärztin bzw. Arzt zu übertragen, um die untere Gesundheitsbehörde als eigenständige fachlich kompetente dritte Säule des Gesundheitswesens zu erhalten. 

Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz regeln

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert das EU-Parlament auf, umgehend die EU-Verordnung 745/2017 (Medical Device Regulation) in Bezug auf die Konformitätsbewertungsverfahren für Bestandsprodukte anzupassen. Über die Übergangsphase fordert sie den deutschen Gesetzgeber auf, Ausnahmegenehmigungen für Bestandsprodukte zu erlassen.

Ressourcen sparen! Keine teure Hardwareerneuerung in der TI

Die Kammerversammlung fordert die Gesellschafter der gematik GmbH auf, die aktuell bekannt gewordene mögliche Erneuerung/Aktualisierung der auslaufenden Sicherheitszertifikate für alle Konnektoren zuzulassen. Hierdurch können bei Krankenkassen Kosten in Höhe von ca. 300 Mio. Euro eingespart werden. Gerade in Zeiten der hohen Inflation und der drohenden Rezession sowie der Energiekrise ist der Staat gefordert, Steuer- und Versichertengelder zweckorientiert und mit möglichst hoher Effektivität einzusetzen.

Digitalisierung und TI einfach und schnell und nicht alternativlos

Die Probleme der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden pausenlos von allen Seiten den Anwendern vorgetragen, die gezwungen sind, solche mangelhaften Systeme zu benutzen.

Ein zentrales Problem bildet dabei die nahezu völlig fehlende Interoperabilität der Programm- und Anwenderteile. Diese kann zurzeit nur überwunden werden mit immensen Kosten, da sich die Anbieter jede Anpassung teuer bezahlen lassen und selbst wenn man eine solche Anbindung erworben und hat installieren lassen, treten häufig vielfältige Probleme auf, die wiederum in aller Regel nur mit finanziellem Aufwand zu beheben sind. Für Softwareanbieter sind das „wahre Goldgruben“ wobei dann auch noch Versuche bestehen, diese zu monopolisieren. Von daher wehren sich Softwareanbieter mit allen Mitteln gegen transparente und einfache Lösungen.

Die Ärztekammer wird aufgefordert, diese Transparenz und Einfachheit für die digitale Anwendung bei der Ärzteschaft von der Politik zu verlangen.

Im Übrigen muss es immer auch analoge Alternativen geben, um nicht Teile unserer Gesellschaft abzuhängen, die aus welchen Gründen auch immer keinen Zugang zur digitalen Welt haben. Zudem müssen wir Patienten auch behandeln können, wenn die Systeme ausfallen.

Steuerung des Behandlungsprozesses als ärztliche Kernaufgabe

Die Steuerung des Behandlungsprozesses ist ärztliche Kernaufgabe und muss dies auch im Rahmen eines allgemeinen Heilberufsgesetzes bleiben.

Dazu gehören Diagnostik, Indikationsstellung und Feststellung des individuellen Behandlungsbedarfs sowie Überwachung des Heilerfolges.

Zur Steuerung des Behandlungsprozesses gehört auch die Koordinierung und Überwachung der Tätigkeit von Angehörigen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe.

Kooperation der Gesundheitsberufe

Zur Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen stellt die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fest:

Ärztinnen und Ärzte kooperieren mit anderen Gesundheitsberufen, die zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Berufsausübung befugt sind, und unter Trennung der Verantwortungsbereiche.

Ärztliche Tätigkeiten können delegiert werden, wenn

  • es sich nicht um eine unter einen besonderen Arztvorbehalt fallende Tätigkeit handelt und
  • die zur Ausführung der Tätigkeit verpflichtete Person hinreichend ausgebildet ist und über die für die Tätigkeit entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt und
  • die Verantwortung für die Tätigkeiten beim Arzt verbleibt und
  • die Aufsicht durch den verantwortlichen Arzt sichergestellt ist.

Die Kerntätigkeiten des ärztlichen Berufes sind vor allem:

  • die Anamnese, körperliche Untersuchung und Feststellung des Befundes,
  • die Festlegung weiterführender Diagnostik,
  • die Festlegung und Überwachung der Behandlung,
  • die Feststellung des Todes.

Nicht delegierbare ärztliche Tätigkeiten sind unter anderem:

  • alle invasiven und operativen ärztlichen Tätigkeiten
  • Verordnung von Medikamenten, insbesondere Betäubungsmitteln
  • Durchführung der Leichenschau
  • Behandlung von malignen Erkrankungen
  • Behandlung von Geschlechtskrankheiten und allen meldepflichtigen Erkrankungen
  • Anwendung von ionisierender und Röntgenstrahlung, radioaktiven Substanzen
  • Medizinische Begutachtungen
  • Durchführung von Laser-, Licht- und photodynamischen Verfahren

Förderung der Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein begrüßt das bemerkenswerte Engagement der Ärztekammer Nordrhein, die gesundheitlichen Belange der Ärztinnen und Ärzte in den Fokus zu rücken.

Die Kammerversammlung wünscht, dass diese Aktivitäten intensiv fortgeführt werden. Insbesondere sollen krankmachende Faktoren im Arbeitsbereich von Ärztinnen und Ärzten in Kliniken und Praxen aufgezeigt und auf deren Veränderung gedrängt werden. Dies gilt z. B. für Arbeitsüberlastung, auch durch Selbstüberforderung, überbordende Bürokratie, zunehmenden Zeitdruck durch die Ökonomisierung des Gesundheitswesens und durch Arztmangel, die zunehmende wirtschaftliche Verschlechterung für selbstständige Praxen, Gewaltdrohung und Übergriffe durch Patienten, Belastungen durch Trauma-Erfahrungen, Fremdbestimmung durch nichtärztliche Institutionen wie Krankenkassen und Krankenhausverwaltungen und andere negative Begleitumstände ärztlicher Tätigkeit.

Umschreibung ärztliche Kernkompetenz

Die originären ärztlichen Tätigkeiten müssen genauer definiert werden. Eine Vorgabe dafür wären Tätigkeiten, die wegen ihrer Schwierigkeit, Gefährlichkeit oder der Unvorhersehbarkeit unerwarteter Reaktionen spezifisch ärztliches Fachwissen voraussetzen. Maßgabe für die ärztliche Tätigkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten aus der universitären medizinischen Ausbildung und der fachspezifischen Weiterbildung. Dies sollte in dem geplanten allgemeinen Heilberufsgesetz als Kernbereich ärztlicher Tätigkeit festgeschrieben werden.