• Paragraphenzeichen
    virtua73/Fotolia
Vorlesen

Niederlassung in Privatpraxis


Stand: 31.1.2022

Ärztinnen und Ärzte, die sich privatärztlich niederlassen wollen, haben folgende Punkte zu beachten:

1. Niederlassung außerhalb von Krankenhäusern und konzessionierten Privatkliniken

Die Ausübung einer patientenbezogenen ärztlichen Tätigkeit ist grundsätzlich an die Niederlassung in einer Praxis oder die Anstellung in einer niedergelassenen Praxis gebunden, § 29 Abs. 2 Heilberufsgesetz NRW (HeilBerG).

Niederlassung bedeutet grundsätzlich die Errichtung einer mit den notwendigen räumlichen, sächlichen und personellen Mitteln ausgestatteten Stelle zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit an einem Ort. Die Niederlassung ist genehmigungsfrei.

2. Höchstpersönliche Berufsausübung

Die Ärztin / Der Arzt muss den Beruf persönlich ausüben. Es gibt eine Präsenzpflicht. Zu den Sprechstunden muss die Ärztin / der Arzt anwesend und zur Behandlung von Patientinnen und Patienten bereit sein.

3. Berufsausübung in eigener Verantwortung

Die Berufsausübung muss in eigener Verantwortung erfolgen, unabhängig von den Rechts- und Eigentumsverhältnissen der Praxis/Praxisstätte. Die Ärztin / Der Arzt muss über die räumlichen und sächlichen Mittel sowie über den Einsatz des Personals bestimmen können.

4. Anstellung von Ärztinnen und Ärzten

Bei Anstellung weiterer Ärztinnen und Ärzte obliegt der niedergelassenen Ärztin / dem niedergelassenen Arzt die Leitung. Die Beschäftigung ärztlicher Mitarbeiter ist der Ärztekammer Nordrhein anzuzeigen (§ 19 Abs. 1 BO).

Angestellte Ärzte dürfen nur zu angemessenen Bedingungen beschäftigt werden. Dazu gehören insbesondere eine angemessene Vergütung und die Möglichkeit zur Fortbildung (§ 19 Abs. 2 BO). Die Patienten sind über die in der Praxis tätigen angestellten Ärzte in geeigneter Weise (z.B. durch Fotos) zu informieren (§ 19 Abs. 3 BO). Eine Ankündigung auf dem Praxisschild ist zulässig, wenn die mit dem Zusatz „angestellte Ärztin“ oder „angestellter Arzt“ gekennzeichnet wird.

5. Berufshaftpflichtversicherung

Für die berufliche Tätigkeit ist eine ausreichende Haftpflichtversicherung abzuschließen (§ 30 Nr. 4 HeilBerG, § 21 BO). Ein Nachweis ist der Ärztekammer auf Aufforderung zu übersenden (§ 30 Nr. 4 HeilBerG, § 21 BO).

6. Schweigepflicht

Die Ärztin / der Arzt hat sicherzustellen, dass die Verpflichtung zur Vertraulichkeit der Patientenbehandlung gewahrt wird. Die Räumlichkeiten sind danach auszurichten Es gilt die gesetzliche und berufsrechtliche Verpflichtung zur Dokumentation und zur Verschwiegenheit (§ 203 StGB, § 9 BO).

7. Dokumentationspflicht

Die Ärztin / Der Arzt ist zur Dokumentation der Behandlung vertraglich und gesetzlich verpflichtet (§ 630f BGB, § 10 Abs. 1 BO). Die Patientenakte ist für die Dauer von 10 Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen.

8. Berufspflichten

Jeder Arzt ist verpflichtet, sich über die Vorschriften, die die Berufsausübung regeln, unterrichtet zu halten (§ 2 Abs. 5 BO). Hierfür stehen vor allem das Internetangebot der Ärztekammer Nordrhein und das Rheinische Ärzteblatt zur Verfügung. Neben den berufsrechtlichen Vorschriften hat er auch die allgemeinen Gesetze zu beachten, vor allem das Heilberufsgesetz NRW und das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten im Gesundheitswesen NRW.

9. Praxisschild

Die Niederlassung ist durch ein Praxisschild kenntlich zu machen (§ 17 Abs. 5 S. 1 BO).

Auf dem Praxisschild sind anzugeben:

  • Name der Praxisinhaberin / des Praxisinhabers,
  • (Fach-)Arztbezeichnung,
  • Sprechzeiten sowie     
  • gegebenenfalls Zugehörigkeit zu einer Berufsausübungsgemeinschaft gem. § 18 a BO.

Die Sprechzeiten dürfen nach den örtlichen und fachlichen Gegebenheiten festgelegt werden. Soweit Ärztinnen und Ärzte nicht unmittelbar patientenbezogen tätig werden (z. B. Pathologen, Laborärzte, Ärzte für Mikrobiologie, Online-Beratung), können sie von der Ankündigung ihrer Niederlassung durch ein Praxisschild absehen, wenn sie dies der Ärztekammer Nordrhein gegenüber anzeigen (§ 17 Abs. 5 S. 3 BO).

Auf dem Praxisschild kann weiter angegeben werden:

  • eine nach der ärztlichen Weiterbildungsordnung führbare Bezeichnung,
  • weitere von der Ärztekammer verliehene Bezeichnungen,
  • nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Normen erworbene Qualifikationen,
  • Tätigkeitsschwerpunkte, soweit diese nicht mit anerkannten Weiterbildungsgebieten verwechselt werden können,
  • akademische Grade, soweit diese in Deutschland geführt werden dürfen (vgl. § 69 Hochschulgesetz NRW, § 132 a Strafgesetzbuch),
  • Angaben zur belegärztlichen Tätigkeit,
  • Zugehörigkeit zu sonstigen Kooperationen (z. B. Praxisgemeinschaft / Praxisverbund).
  • weitere Zusätze wie „Röntgeninstitut“, „Tagesklinik“, „Dialysezentrum“ sind nicht statthaft.

10. Homepage

Bei der Gestaltung einer Internet-Homepage sind zusätzlich die Vorgaben des Telemediengesetzes zu beachten (§ 5 Telemediengesetz). Insbesondere ist auf die berufsrechtlichen Regelungen und die aufsichtsführende Stelle hinzuweisen.

11. Meldepflicht bei der Ärztekammer

Ort und Zeitpunkt der Niederlassung sind unverzüglich der für den Arztsitz zuständigen Ärztekammer mitzuteilen (§ 2 Abs. 2 HeilBerG NRW und § 17 Abs. 6 Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte).

12. Meldepflicht beim Gesundheitsamt

Ärztinnen und Ärzte, die Angehörige nichtakademischer Heilberufe (z. B. Logopäden, Physiotherapeuten, Hebammen) beschäftigen möchten, haben dies dem Gesundheitsamt anzuzeigen, in dessen Bezirk die Tätigkeit ausgeübt wird (§ 18 Abs. 1 ÖGDG NRW). Die Meldepflicht gilt auch für Dienstleistende nach Artikel 5 der Richtlinie 2005/36/EG, die zur vorübergehenden oder gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen von einem europäischen Staat gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Berufsanerkennungsdurchführungsgesetz in den Geltungsbereich dieses Gesetzes wechseln (§ 18 Abs. 2 ÖGDG NRW).

13. Weitere Praxissitze

Über den Ort ihrer Niederlassung hinaus dürfen Ärztinnen und Ärzte an zwei weiteren Orten ärztlich tätig sein. Dabei haben sie sicherzustellen, dass ihre Patientinnen und Patienten an jedem Ort der Tätigkeit ordnungsgemäß versorgt werden (§ 17 Abs. 4 BO).

14. Abrechnung

Die Abrechnung der privatärztlichen Tätigkeit darf nur nach den Vorgaben der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erfolgen. Diese bildet zwingend die Grundlage der Vergütungsvereinbarung zwischen Arzt und Patient. § 12 Abs. 1 der Berufsordnung ist zu beachten.

15. Teilnahme am ärztlichen Notdienst

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, am ärztlichen Notdienst teilzunehmen (§ 30 Nr. 2 HeilBerG NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 NdO). Privatärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte werden durch die Ärztekammer Nordrhein herangezogen. Auf Antrag kann aus schwerwiegenden Gründen eine Befreiung vom ärztlichen Notdienst ganz, teilweise oder vorübergehend erteilt werden (§ 3 NdO).
 
16. Fernbehandlung

Die privatärztliche Beratung und Behandlung der Ärztin / des Arztes von Patientinnen und Patienten kann im Einzelfall nur nach Maßgabe des Berufsrechts auch mithilfe von Kommunikationsmedien durchgeführt werden (vgl. § 7 Abs. 4 BO). Unter Kommunikationsmedien sind neben der Videotelefonie (sog. Videosprechstunde) grundsätzlich auch Telefonate, E-Mails und über den Mobilfunkdienst versandte Nachrichten zu verstehen (vgl. „Hinweise und Erläuterungen der Bundesärztekammer zu § 7 Abs. 4 MBO-Ä (…)“, Stand: 10.12.2020).

Eine Fernbehandlung setzt im Einzelfall voraus, dass

  • ein solches Vorgehen ärztlich vertretbar ist,
  • die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und
  • die Patientin / der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.

a) Technische Voraussetzungen für die Durchführung von Fernbehandlungen
Die teilnehmende Arztpraxis muss eine ausreichend sichere technische Infrastruktur für die Durchführung von Fernbehandlungen gewährleisten. Für Videosprechstunden wird die Nutzung zertifizierter Videodienstanbieter dringend angeraten.

b) Datenschutz
Es sind die geltenden Datenschutzbestimmungen zu erfüllen. Orientierung bieten die Empfehlungen zur ärztlichen Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung in der Arztpraxis“ der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

c) Abrechnung von Fernbehandlungen
Die Abrechnung von Fernbehandlungen richtet sich nach der GOÄ. Die Bundesärztekammer bietet mit ihren Abrechnungsempfehlungen zu telemedizinischen Leistungen eine Hilfestellung.
Abrechnungsempfehlungen der Bundesärztekammer zu telemedizinischen Leistungen

d) Identifizierung von Patientinnen und Patienten
Eine Herausforderung stellt die Feststellung der Identität ausschließlich fernbehandelter, Patienten dar. Bei Privatpatienten kann zur Authentifizierung regelmäßig nicht auf eine elektronische Gesundheitskarte zurückgegriffen werden. Die Praxen sind gefordert, eigene, mit den Datenschutzvorschriften vereinbarte Wege der Authentifizierung zu finden.

e) Erreichbarkeit
Aus den Voraussetzungen einer privatärztlichen Niederlassung ergibt sich zudem, dass trotz Fernbehandlungen eine Arbeitsstätte erforderlich ist, an der der Arzt präsent (siehe oben unter 2.) und erreichbar ist.