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Mein Engagement

„Ideale sollte man pflegen“

25.06.2019 Seite 63
RAE Ausgabe 7/2019

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 7/2019

Seite 53

Dr. Jürgen Krömer war 40 Jahre im Düsseldorfer Stadtteil Kaiserswerth mit eigener Praxis niedergelassen. © Jochen Rolfes
Neben ihrem Beruf engagieren sie sich ehrenamtlich für ihre Kolleginnen und Kollegen: Kreis- und Bezirksstellenvorsitzende der Ärztekammer Nordrhein. Doch was machen die Vorsitzenden eigentlich und warum? Diese Fragen stellten wir Dr. Jürgen Krömer, Vorsitzender der Bezirksstelle Düsseldorf, in unserer Reihe „Mein Engagement“.

RhÄ: Was steht auf Ihrem Schreibtisch?
Krömer: Auf meinem Schreibtisch zu Hause liegen meine Dienstsachen – möglicherweise ungeordnet, aber auffindbar. Der Tisch steht an der Wand, so habe ich die Bilder der Urgroßeltern und Enkel vor mir hängen. Im Haus der Ärzteschaft finden sich keine persönlichen Gegenstände auf meinem Schreibtisch, es ist eher trostlos (lacht). Das ist natürlich völlig in Ordnung, so kann ich mich voll und ganz auf meine Arbeit konzentrieren.

RhÄ: Wie war das damals, als Sie sich entschieden, Medizin zu studieren?
Krömer: Das ist eigentlich eine sehr nette Geschichte: Es war 1946 – ein eiskalter Januar. Ich war mit meiner Familie unterwegs, im offenen Kohlenwagen 18 Stunden von Helmstedt in Niedersachsen nach Essen. Dabei hat mich eine wiederkehrende Ohrenentzündung eingeholt. Eines Tages hatte ich, bedingt durch diese Entzündung, hohes Fieber. Wir wohnten auf einem Bauernhof in der Nähe von Ratingen, da gab es nicht viel. In ihrer Not riefen meine Eltern einen ehemaligen Arzt zu uns, der auf dem Nachbarhof wohnte. Er hatte weiße Haare und einen weißen Bart und brachte seinen kleinen Rauhaardackel mit. Seit dieser Erfahrung wollte ich Arzt werden. Ich sehe ihn heute noch vor mir, wie er mich in nasse,eiskalte Tücher wickelte, um das Fieber zu senken.

„Es ist zu befürchten, dass die junge Ärztegeneration das Gesundheitswesen nicht so weiterführen kann, wie die Patienten es gewohnt sind.

RhÄ: Was hat Sie dazu bewegt, sich ehrenamtlich in der Ärztekammer zu engagieren?
Krömer: Nachdem ich mich in Düsseldorf niedergelassen hatte, traf ich auf eine Gruppe junger Kolleginnen und Kollegen, die mit den vorhandenen Bünden in der Kammer nicht so ganz zufrieden waren. Wir haben uns dann zur heutigen VoxMed zusammengetan und sind bei der Wahl angetreten, denn wir wollten etwas verändern. Seither engagiere ich mich berufspolitisch. Die heutigen Gegebenheiten für junge Ärztinnen und Ärzte sind anders. Die Ausbreitung der MVZ-Kliniken beispielsweise finde ich ganz furchtbar. Ich bezweifle aber, dass man diese Entwicklung aufhalten kann. Es ist zu befürchten, dass die junge Ärztegeneration das Gesundheitswesen nicht so weiterführen kann, wie die Patienten es gewohnt sind. Möglicherweise stehe ich dem Ganzen aber auch zu skeptisch gegenüber – die Älteren sind ja bekanntlich immer gegen Veränderungen (lacht). 

RhÄ: Mit welchen Themen befassen Sie sich typischerweise in einer Sitzung Ihrer Bezirksstelle?
Krömer: Wir befassen uns in erster Linie mit den Kreisstellentätigkeiten. Mich persönlich faszinieren vor allem die Themen rund um die Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten, diese obliegt der Tätigkeit der Bezirksstellen. In Düsseldorf hatten wir im vergangenen Jahr rund 400 neue Ausbildungsverträge. Ich schaue mir wirklich jeden Vertrag an, auch die Lösungsverträge. Ich habe Ausschüsse, die sich mit dem Berufsbild der MFA befassen, lange begleitet. Über die Jahre entwickelt man dann natürlich eine gewisse Expertise.

RhÄ: Was überwiegt in Ihrem Amt als Bezirksstellenvorsitzender: Pragmatismus oder Idealismus? 
Krömer: Ideale sollte man pflegen, aber mit Problemen muss man pragmatisch umgehen. Die Anforderung der Tätigkeit als Vorsitzender ist, finde ich, klar umrissen: es ist Arbeit. Und diese sollte man schaffen und korrekt erledigen.

RhÄ: Was verbinden Sie mit Düsseldorf? 
Krömer: Seit 1949 lebe ich in der Landeshauptstadt, bin hier groß geworden. In meiner Praxis in Kaiserswerth war ich rund 40 Jahre lang tätig. Der Stadtteil hat einen uralten Kern und eine tolle Geschichte. Kaiserswerth war bereits eine Schützenbruderschaft, da hatte Düsseldorf noch keine Stadtrechte. Der Stadtteil gilt als der älteste urkundlich nachweisbare Stadtteil von Düsseldorf. Außerdem handelte es sich damals um eine Insel, wie das Wort „Werth“ verrät. Man hat dann von Süden her einen Rhein-Arm trocken gelegt. 1929 wurde die ehemalige Reichsstadt dann eingemeindet.


Dr. Jürgen Krömer wurde 1938 in Oberschlesien geboren. Nach dem Abitur studierte er in Münster, Wien und Düsseldorf. Der Internist ist seit 1981 Delegierter der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein und zugleich im Vorstand der Kreisstelle Düsseldorf. Vier Jahre später wurde Krömer zum Vorsitzenden der Kreisstelle gewählt. Seit 1997 ist er in der Bezirksstelle Düsseldorf als Vorsitzender tätig. Er engagiert sich im Verwaltungsausschuss der Nordrheinischen Ärzteversorgung und ist seit 2004 Stellvertretendes Mitglied der Gutachterkommission für das Fachgebiet Innere Medizin. Seit 2007 ist Krömer zudem Stellvertretendes Geschäftsführendes Mitglied der Kommission. Er engagierte sich mehrere Jahre in den Ausschüssen „Prävention und Gesundheitsberatung“ und „Ärztlicher Notfalldienst“ der nordrheinischen Ärztekammer.

Das Interview führte Vassiliki Latrovali.