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Elektronischer Arztausweis: Funktionen und Anwendungen

28.07.2020 Seite 16
RAE Ausgabe 8/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 8/2020

Seite 16

Zahlreiche digitale Anwendungen in der Patientenversorgung kommen mit großen Schritten auf die Ärzteschaft zu. Um diese nutzen zu können, benötigen Ärztinnen und Ärzte einen elektronischen Heilberufsausweis.

von Jürgen Brenn

Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn drückt aufs Tempo in puncto Digitalisierung im Gesundheitswesen. Der Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums eines Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur, kurz Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG), ist vom Bundeskabinett Anfang April 2020 gebilligt und am 3. Juli vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. Das gesamte Gesetzgebungsverfahren soll noch im September abgeschlossen werden. Weitere Gesetze rund um die Digitalisierung sind das Digitale-Versorgung-Gesetz und das Terminservice- und Versorgungsgesetz. Das PDSG enthält verschiedene Fristen, die es nötig machen, dass Ärztinnen und Ärzte, Kliniker ebenso wie Niedergelassene, handeln, wenn sie keine Sanktionen in Kauf nehmen wollen.

Anwendungen im Überblick

Pflichtanwendungen

  • Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ab 1.1.2021

Die Übermittlung der eAU an die Krankenkasse bedarf einer qualifizierten Signatur mit dem eHBA.

  • Elektronische Patientenakte (ePA) ab 1.1.2021

Für den Zugriff auf die ePA wird der eHBA benötigt. Das erstmalige Befüllen wird niedergelassenen Ärzten im Jahr 2021 pauschal mit zehn Euro vergütet. Krankenhäuser erhalten einen weiteren Zuschlag von fünf Euro.

  • Elektronisches Rezept (eRP) ab 1.1.2022

Dafür wird die qualifizierte Signatur mit dem eHBA benötigt.

Optionale Anwendungen

  • Notfalldatenmanagement seit Juli 2020

Für den Zugriff und die Speicherung des Notfalldatensatzes auf der Gesundheitskarte des Patienten wird die qualifizierte Signatur mit dem eHBA benötigt. 

  • Elektronischer Medikationsplan seit Juli 2020

Für das Anlegen und Speichern eines Medikationsplans auf der Gesundheitskarte des Patienten ist der Zugriff über den eHBA nötig.

  • Kommunikation im Medizinwesen (KIM), Feldversuche seit April 2020

Das sichere E-Mail-Austauschverfahren unter Leistungserbringern im Gesundheitswesen war unter der Abkürzung Kom-Le (Kommunikation unter Leistungserbringern) bekannt. Für die Nutzung von KIM ist ebenfalls der Einsatz des eHBA nötig.


Ein zentraler ärztlicher Schlüssel zur zukünftigen Teilnahme an der digitalen Gesundheitsversorgung ist der elektronische Heilberufsausweis (eHBA). Er wird benötigt, um die verschiedenen Pflicht- und optionalen Anwendungen nutzen oder auch, wie im Gesetz festgeschrieben, den Patientinnen und Patienten anbieten zu können. Der eHBA zeichnet sich vor allem durch die Möglichkeiten der Verschlüsselung und des elektronischen Signierens von Dokumenten aus. Da in Nordrhein bisher nur wenige Ärztinnen und Ärzte über einen eHBA verfügen, der die Anwendungen verarbeiten kann, ist es anzuraten, frühzeitig einen eHBA zu beantragen. Denn dieser ist das Instrument, um die Telematikinfrastruktur mit Leben zu füllen. Ärzte und Patienten sowie weitere Leistungserbringer im Gesundheitswesen sollen so auf der Datenautobahn, der Telematikinfrastruktur (TI), mit den konkreten Anwendungen einen Mehrwert gewinnen.

Drei digitale Startanwendungen der TI dienen künftig der ärztlichen Information und Kommunikation: das Notfallfall-datenmanagement (NFDM), der elektronische Medikationsplan (eMP) und die Kommunikation im Medizinwesen (KIM) (siehe Kasten). Für die Nutzung macht der Gesetzgeber hierbei eine grundsätzliche Vorgabe: den eHBA. Damit wird sichergestellt, dass nur berechtigte Personen auf die medizinischen Daten des Versicherten zugreifen können.

Eine weitere Anwendung, die vor ihrer bundesweiten Einführung steht, ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Diese soll ab 1. Januar 2021 zur Pflicht werden. Nach wie vor erhält der Versicherte eine AU als Papierausdruck, den er an seinen Arbeitgeber weiterreicht. Die Zuleitung der eAU an die Krankenkasse übernimmt ab 2021 der ausstellende Arzt. Auch hierfür ist der eHBA nötig. Das Vehikel der Datenübermittlung ist die sogenannte Kommunikation im Medizinwesen (KIM). Das neue Verfahren gilt auch für AU, die im Zuge des Entlassmanagements durch stationär tätige Ärztinnen und Ärzte ausgestellt werden.

Zu den Funktionen des eHBA gehört die qualifizierte elektronische Signatur, mit der medizinische Dokumente, wie etwa der Notfalldatensatz oder der elektronische Arztbrief, rechtsgültig elektronisch unterschrieben werden. Die qualifizierte elektronische Signatur ist rechtlich einer eigenhändigen Unterschrift in der analogen Welt gleichgestellt.

Bis zum Herbst dieses Jahres soll ein Update der Praxis-IT zur Verfügung stehen, das die medizinischen Anwendungen Notfalldatenmanagement, elektronischer Medikationsplan und das sichere E-Mail-Austauschverfahren KIM im Zusammenspiel mit dem Konnektor ermöglicht. Da Patientinnen und Patienten gegenüber dem Vertragsarzt einen Anspruch auf die Erstellung eines Notfalldatensatzes und unter bestimmten Voraussetzungen auf einen eMedikationsplan haben, ist mit einer ansteigenden Nachfrage nach eHBA zu rechnen. Die Ärzte werden bei der Anbindung an die TI finanziell nicht allein gelassen, sondern bekommen die Kosten für die Erstausstattung und Updates erstattet.

Praktische Hinweise für Nordrheiner

Nordrheinische Ärztinnen und Ärzte, die einen eHBA beantragen wollen, benötigen für das Procedere einen Zugang zum Portal „meineÄkNo“ über www.meineaekno.de, um das Antragsverfahren anzustoßen. Falls Sie noch keine Zugangsdaten für das Mitgliederportal haben, sollten Sie für die Registrierung einige Tage einplanen, da Ihnen die Zugangsdaten per Post zugesandt werden.

Informationen zum eHBA sowie zur Antragstellung finden Sie auf der Homepage der Ärztekammer Nordrhein unter www.aekno.de/ehba.
Um die Anwendungen der TI nutzen zu können, benötigen Sie einen eHBA der 2. Generation. Erkundigen Sie sich vor Antragstellung bei den aktuellen Vertrauensdienstanbietern, ob deren Karten für die Anbindung geeignet sind.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung informiert zur finanziellen Unterstützung für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur unter https://www.kbv.de/html/30719.php.