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Mein Engagement

„Wir sitzen alle im selben Boot“

13.12.2019 Seite 67
RAE Ausgabe 1/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 1/2020

Seite 67

Dr.-medic (RO) Andrea Bamberg, M. Sc., MBA ist seit nunmehr 10 Jahren als Vorsitzende der Kreisstelle Düren der Ärztekammer Nordrhein tätig. © privat

RÄ: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der Straßenbahn und möchten Ihrem Sitznachbarn erklären, was die Ärztekammer ist. Was würden Sie sagen?
Bamberg: Dieses Szenario löst bei mir kein Kopfkino aus (lacht). In öffentlichen Verkehrsmitteln habe ich schon sehr viele interessante Gespräche mit wildfremden Menschen geführt, aber da war die Ärztekammer nie das Gesprächsthema. Bei Informationsbedarf würde ich wohl auf die Homepage der Ärztekammer Nordrhein verweisen. 

RÄ: Welche Eigenschaften sollte ein Kreisstellenvorsitzender Ihrer Meinung nach mitbringen?
Bamberg: Man sollte in jedem Fall zuverlässig sein und gut zuhören und delegieren können. Für die Umsetzung von Ideen benötigt man noch einen Hauch Penetranz und eine Spur Altruismus (lacht). Das Wörtchen „NEIN“ sollte man als Vorsitzender so wenig wie möglich und so oft wie nötig gebrauchen. Meinem Kollegen Dr. Ivo Grebe aus Aachen kann ich nur zustimmen, wenn er eine lebenslange Neugier postuliert. Ansonsten bin ich eine Anhängerin von Subsidiarität. Was wir auf lokaler Ebene lösen können, sollten wir auch genau dort lösen. 

„Ein Hauch Penetranz und eine Spur Altruismus“
 

RÄ: Was möchten Sie als Kreisstellenvorsitzende in Düren bewirken?
Bamberg: Kollegialität steht ganz oben auf meiner Agenda. Wir sitzen alle im selben Boot. Das Gewusel einzelner Fachgruppen, die das große Ganze aus dem Blick verloren haben und nur ihre eigenen Ziele verfolgen, ist mir zuwider. Seit Jahren findet in Düren einmal jährlich ein interkollegiales Gespräch statt, bei dem sich Kolleginnen und Kollegen aus dem ambulanten und stationären Bereich austauschen. Es ist schön, wenn man bei einem Telefonat dem Gegenüber ein Gesicht zuordnen kann. Auch im Bereich der MFA-Ausbildung sind wir sehr aktiv, das soll auch so bleiben. In den vergangenen Jahren hat sich schon viel für diesen Beruf getan, aber es geht noch besser. Ich möchte an dieser Stelle unseren Ausbildungsbeauftragten Dr. Martin Dönges für sein Engagement in diesem Bereich hervorheben.

RÄ: Welchen Rat würden Sie Ärztinnen und Ärzten geben, die heute in den Beruf starten?
Bamberg: Gar keinen! Schon meine Mutter schrieb mir in mein rotes Poesiealbum: „Erfahrungen vererben sich nicht, jeder muss sie alleine machen.“ Spätestens seitdem ich Kinder habe, weiß ich, dass sie Recht hatte. Natürlich bin ich immer gerne bereit, meinen Erfahrungsschatz auf Anfrage mit anderen zu teilen. Aber letztendlich muss jeder seinen eigenen Weg gehen.

RÄ: Wie würden Sie die junge Ärztegeneration davon überzeugen, sich ehrenamtlich in der Ärztekammer zu engagieren?
Bamberg: Der Spruch: „Die Frauen wollen ja nicht“ wird heute auch gerne auf die junge Ärztegeneration übertragen: „Die Jungen wollen ja nicht.“ Die wollen schon, aber eben nicht zu den Bedingungen und Konditionen der älteren Ärztegeneration. Die Grundlagen müssen so gestaltet werden, dass sich alle Mitglieder angesprochen fühlen. Nicht jede Ärztin oder jeder Arzt stürmt von sich aus in die Gremien. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich nicht auch engagieren wollen. Die „stillen Arbeiter“ muss man abholen. 
Der Altersdurchschnitt in  unserer Kreisstelle liegt bei 53 Jahren, was auf Kammerebene schon geradezu jugendlich anmutet. Von neun Vorstandsmitgliedern sind fünf Frauen. Wenn man sich, wie ich, die Unterstützung der jungen Generation auf die Agenda geschrieben hat, muss man manchmal bei sich selbst anfangen. Ich habe meinen Sitz in der Kammerversammlung für eine junge, engagierte Kollegin, die einen ungünstigen Listenplatz hatte, geräumt. Nach einem ambitionierten Wahlkampf ist mir das nicht leicht gefallen, aber ich bin mir sicher, dass diese junge Kollegin neue Impulse und einen anderen Blickwinkel in die Kammerarbeit einbringen wird. 


Das Interview führte Vassiliki Latrovali.

Dr.-medic (RO) Andrea Bamberg, M. Sc., MBA, studierte als DAAD-Studentin in Bukarest und Timisoara (Rumänien). Für die Weiterbildung zog es sie nach Mechernich, Wiesbaden, Berlin, Tübingen, Aachen, Lüttich und Norderney. In der aktuellen Wahlperiode engagiert sich die Laborärztin im Ad-hoc Ausschuss E-Health und im Aufsichtsausschuss der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Bamberg ist seit 2009 Vorsitzende der Kreisstelle Düren.