Vorlesen

Mail aus Düsseldorf

27.05.2020 Seite 10
RAE Ausgabe 6/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 6/2020

Seite 10

Damon Mohebbi © privat

Im März reiste ich für eine Famulatur in die am dichtesten besiedelte Stadt der Welt: Dhaka. Die Hauptstadt des südasiatischen Bangladeschs zählt mit seinen rund 20 Millionen Einwohnern zu den größten Megastädten dieser Erde. Glücklicherweise konnte ich im Gästezimmer des Krankenhauses unterkommen. Denn meine Kolleginnen und Kollegen benötigten zum Teil wegen der enormen Verkehrsbelastungen zwei bis drei Stunden, um in den morgendlichen Stoßzeiten auf das Klinikgelände zu gelangen. Kumulativ gehen aufgrund dieser Staus rund 3,2 Millionen Arbeitsstunden in Dhaka verloren, und zwar täglich! Insgesamt hat die Stadtentwicklung mit dem raschen Wachstum der Stadt nicht Schritt halten können, was zu einem ungleichmäßigen Urbanisierungsprozess in den Stadtbezirken geführt hat. Einerseits die Viertel der Wohlhabenden und Diplomaten im Norden Dhakas, die mit internationalen Restaurants, schicken Einkaufszentren und privaten Grünanlagen imponieren. Andererseits die Slums der Tagelöhner und Textilarbeiter, die mit mangelnder Infrastruktur und fehlendem Zugang zur Grundversorgung kämpfen. Es sind diese Bevölkerungsgruppen, deren Lebenssituationen sich nun infolge der Corona-Krise weiter verschärfen. Allein 4.000 Textilfabriken mussten zwischenzeitlich schließen. Führende Modefirmen hatten Großaufträge wegen mangelnder Nachfrage ausgesetzt oder storniert. Die Textilindustrie macht mit ihren Exporterlösen 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Bangladeschs aus. In welchem Ausmaß die Pandemie die sozialen Ungleichheiten verfestigt, ist noch unklar. Doch der Wirtschaftseinbruch wird sicherlich nicht spurlos an dem Land vorübergehen.

Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir an medizinstudium(at)aekno.de.