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Mein Engagement

„In dieser Kreisstelle sind wir nicht nur altersmäßig breit aufgestellt“

27.02.2020 Seite 59
RAE Ausgabe 3/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 3/2020

Seite 59

Dr. Matthias Benn ist seit 2009 im Vorstand der Kreisstelle Essen tätig. © Stephan Glagla Photographie
Neben ihrem Beruf engagieren sie sich ehrenamtlich für ihre Kolleginnen und Kollegen: die Kreisstellenvorsitzenden der Ärztekammer Nordrhein. Doch welche Eigenschaften machen einen Vorsitzenden eigentlich aus und wie begeistert man die junge Ärztegeneration für das Ehrenamt? Diese Fragen stellten wir Dr. Matthias Benn, Vorsitzender der Kreisstelle Essen, in unserer Reihe „Mein Engagement“.

RhÄ: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der Straßenbahn und möchten Ihrem Sitznachbarn erklären, was die Ärztekammer ist. Was würden Sie sagen?
Benn: Die Ärztekammer ist eine vom Gesetzgeber beauftragte Institution, die die Organisation der gesamten Ärzteschaft in Nordrhein übernimmt. Die Kreisstellenvorstände und insbesondere die Vorsitzenden geben vor Ort der Kammer ein Gesicht. So vertreten sie in ihrem lokalen Bereich die Ärzteschaft, zum Beispiel in der kommunalen Gesundheitskonferenz und anderen Institutionen. Ihre Aufgabe ist es, die gesamte Ärzteschaft in der Öffentlichkeit zu vertreten.

RhÄ: Welche Eigenschaften sollte ein Kreisstellenvorsitzender Ihrer Meinung nach mitbringen?
Benn: Man sollte in erster Linie Integrationsfigur sein. Als Vorsitzender vermittelt man nicht nur zwischen den Ärzten und der Öffentlichkeit, sondern auch zwischen den einzelnen Ärztegruppen. Man braucht viel Geduld und muss nicht selten Vorurteile aus der Welt räumen. Diskussionen lassen sich natürlich nicht immer emotionsfrei bewältigen (lacht). Dann ist es Aufgabe des Vorsitzenden, auf sachlicher Ebene mit den Beteiligten zu kommunizieren, um möglichst allen Interessenslagen gerecht zu werden. Es ist mir wichtig, mit den mir zugetragenen Belangen verständnisvoll umzugehen.

„Man muss nicht selten Vorurteile aus der Welt räumen.“

RhÄ: Was möchten Sie als Kreisstellenvorsitzender in Essen bewirken?
Benn: Die Kreisstelle unterstützt und initiiert schon seit vielen Jahren Aktionen zur Integration geflüchteter Menschen in medizinische Berufe. 2017 sind wir gestartet und bekamen nicht nur lokale Aufmerksamkeit. 2018 waren dann auch der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender zu Besuch in Essen. Diese Projekte möchten meine Stellvertretung Dr. Patricia Aden und ich gerne fortführen und erweitern. Auch die lokale Umsetzung der Neuordnung der Notfallversorgung und Krankenhausplanung liegt mit in unserer Hand. Da geht es vor allem um eine effiziente und patientenorientierte Beeinflussung der Entscheidungen. 

RhÄ: Welchen Rat würden Sie Ärztinnen und Ärzten geben, die heute in den Beruf starten?
Benn: Die Liebe zum Beruf ist eine wichtige Voraussetzung. Man hat als Arzt viele Möglichkeiten, sich zu verwirklichen, und bekommt von den Patientinnen und Patienten, denen man im Laufe seines Berufslebens begegnet, sehr viele schöne Momente zurück. Man muss aber auch engagiert sein und Empathie besitzen. Der Arztberuf ist nicht herkömmlich, dies gilt ab und an auch für das Arbeitspensum. Für viele junge Ärzte kann das abschreckend wirken oder gar demotivierend, deshalb benötigt man ein gewisses Maß an Leidenschaft.

RhÄ: Wie würden Sie die junge Ärztegeneration davon überzeugen, sich ehrenamtlich in der Ärztekammer zu engagieren?
Benn: Die Kammerwahl im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass viele junge Leute ihr Berufsfeld mitbestimmen möchten. Es wächst eine neue Ärztegeneration heran, die sehr aktiv ist und begreift, dass ihnen die Kammer tolle Chancen bietet. In der Kreisstelle sind wir  nicht nur altersmäßig breit aufgestellt. Das bietet uns eine breite Palette an Perspektiven. Natürlich sind die Forderungen von Jung und Alt oftmals sehr unterschiedlich, aber genau das macht unsere Arbeit so spannend. Mir bereiten die jungen Ärzte keine Sorgen. Ich finde, eine ganz andere Gruppe sollte noch besser integriert werden, nämlich die Kolleginnen und Kollegen, die sich im Ruhestand befinden, sich aber noch einbringen möchten. Gerade in der Arzt-Patienten-Kommunikation könnte das von großem Vorteil sein, weil diese ältere Ärztegeneration nicht so sehr vom enormen Zeitdruck der heutigen Welt geprägt ist.

Das Interview führte Vassiliki Latrovali.