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Thema - 124. Deutscher Ärztetag

„Die Debatte zum assistierten Suizid fand ich besonders beeindruckend“

23.05.2021 Seite 17
RAE Ausgabe 6/2021

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 6/2021

Seite 17

Meine erste Teilnahme am Deutschen Ärztetag und dann auch noch im Online-Format: so ein Privileg und eine doppelte Herausforderung für mich als Anfängerin! 
Dass mir Kolleginnen und Kollegen das Vertrauen geschenkt haben und mir somit die Teilnahme als Delegierte ermöglicht haben, erfüllt mich mit Dankbarkeit und motiviert ungemein, mein berufspolitisches Tun fortzusetzen.  

Gefreut habe ich mich sehr, dass im Leitantrag des Vorstands die mir besonders am Herzen liegenden Themen „Daseinsvorsorge versus Kommerzialisierung“ und „Fehlanreize des Fallpauschalensystems“ ausführlich erörtert wurden. Meine „Kernthemen“ beim Deutschen Ärztetag wiederzufinden, ist ein weiterer Motivationsschub. Es zeigt mir, dass wir mit Engagement etwas erreichen können. Der offene, faire und ehrliche Gedankenaustausch – gerade zum § 217 StGB – sowie ein freundliches, höfliches und wertschätzendes Miteinander zu erleben, haben gutgetan. 

An weiteren Ärztetagen teilnehmen zu dürfen, würde mir Spaß machen. Vielen Dank für die gelungene Technik und die Organisation dieses Ärztetags an alle Beteiligten.

Erstmals fand ein Deutscher Ärztetag – der Corona-Pandemie geschuldet – im virtuellen Format statt. Organisatorische und technische Vorbereitung waren exzellent und telefonische Hotlines tatsächlich (!) prompt erreichbar. Gleichwohl traten hier und da technische Schwierigkeiten auf, insbesondere im Zusammenhang mit Redebeiträgen, die doch erfahrungsgemäß das Salz in der Suppe sind! Das für Deutsche Ärztetage so typische persönliche Zusammentreffen vieler Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland – übrigens auch außerhalb des Plenarsaals, das den Deutschen Ärztetag auch zu einem echten „sozialen Event“ macht –, konnte so bedauerlicherweise nicht zustande kommen. 

Der 124. Deutsche Ärztetag gedachte der erst jüngst verstorbenen Vizepräsidentin der Bundesärztekammer und Präsidentin der Ärztekammer Bremen, Dr.  Heidrun Gitter. Der mit großem Abstand bedeutsamste Beschluss des 124. Deutschen Ärztetages ist die Streichung von Satz 3 in § 16 (Muster-)Berufsordnung (MBO), der die ärztliche Hilfe zur Selbsttötung bislang untersagte. Hintergrund ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020, das die Nichtigkeit des § 217 StGB, also das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, erklärt hat. Persönlich hatte ich mir einen ausführlicheren Diskurs hierüber und eine Selbstvergewisserung der deutschen Ärzteschaft in Präsenz und mit deutlich mehr Raum gewünscht. Eine Mehrheit hat anders entschieden. Eine solche Diskussion soll es auf einem weiteren ordentlichen Deutschen Ärztetag, möglicherweise noch in diesem Jahr, geben. Gleichwohl kann es sich hierbei aufgrund des nunmehr gefassten Beschlusses zur Änderung der MBO allenfalls um eine nachgelagerte Diskussion handeln – zumindest auf Bundesebene. Spannend und höchst bedeutsam wird demgegenüber der Diskurs in den Landesärztekammern mit Blick auf deren eigene Berufsordnungen werden, so auch in der nordrheinischen Ärzteschaft.

Dieser Deutsche Ärztetag bleibt hoffentlich einmalig und damit in der Erinnerung aller.
Die Herausforderung für die Delegierten war es, Anträge zu lesen, sich mit den anderen Delegierten auszutauschen und gleichzeitig der Diskussion im „Plenum“ zu folgen. Die Redebeiträge waren deutlich reduzierter, dennoch von einer hohen Vielfalt und auf hohem Niveau.
Mein Respekt auch an den Präsidenten und die Mitarbeiter der Bundesärztekammer, die diesen Ärztetag erst zum Erfolg geführt haben.

Ich freue mich auf den nächsten Deutschen Ärztetag, dann wieder in Präsenz, denn der wichtige Austausch mit den anderen Delegierten kam deutlich zu kurz.

 
 

Nachdem der Deutsche Ärztetag im vergangenen Jahr wegen Corona ganz abgesagt worden war, hatten sich alle Delegierten auf eine Präsenzveranstaltung in Rostock in diesem Jahr gefreut. Doch auch dieses Jahr wurde keine Präsenzveranstaltung gestattet und so wurde erstmalig in der langen Geschichte der Deutschen Ärztetage eine videobasierte Tagungsform gewählt. Zugleich wurde die Dauer auf nur zwei Tage beschränkt, obwohl die Zahl der brennenden Themen locker eine siebentägige Veranstaltung hätte füllen können.

Die Beschränkung auf nur zwei große Kernthemen – die Position der deutschen Ärzteschaft zur Suizidthematik nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und die Änderungen der Musterweiterbildungsordnung – hat dem Ärztetag jedoch gutgetan. Insbesondere das Einreichen der Anträge im Vorfeld hat zu einer wesentlich stringenteren Beschlussfassung beim Tagesordnungspunkt „Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik“ geführt. Üblicherweise gehen im Laufe eines Ärztetages weit über 200 Anträge ein, die sich häufig kaum unterscheiden, manchmal sogar gegenseitig ausschließen, und wegen der Spontanität der Antragsstellung vorher nicht untereinander abgestimmt werden können. Stattdessen hatten in diesem Jahr viele Delegierte die Anträge der anderen bereits gelesen und konnten so Redundanzen vermeiden und gezielt Änderungsanträge stellen. Dieses jetzt geübte Verfahren sollte auch bei Präsenzveranstaltungen beibehalten werden. Gut ausgearbeitete und sinnvolle Beiträge entstehen selten aus einem spontanen Schnellschuss.

Die Diskussion zum Thema „Suizidbeihilfe, Suizidprävention, ärztliche Begleitung beim Suizid“ war ein absolutes Highlight. Die ernsthaften, vom Bewusstsein der uns auferlegten Verantwortung getragenen Redebeiträge haben mich sehr beeindruckt. Die Expertenvorträge auf dem Nordrheinischen Ärztetag und dem 124. Deutschen Ärztetag haben die Delegierten gut auf die schwierige Problematik vorbereitet, sodass wir der Politik ein klares Signal zur Haltung der Deutschen Ärzteschaft geben konnten. Hoffentlich orientiert sie sich daran und nicht – wie leider allzu häufig – an Talkshow-Meinungen.

 

Dies war mein erster Deutscher Ärztetag als Delegierter und ich habe die Tage als hochspannend erlebt. Die Wortbeiträge der Delegierten waren ausgesprochen fundiert. Die Debatte zum assistierten Suizid fand ich besonders beeindruckend. Das Thema berührt die Grundfesten des ärztlichen Selbstverständnisses. Daher halte ich die Breite, in der die Diskussion geführt wurde, für sehr angemessen. 

Für die organisatorische und technische Umsetzung des Online-Ärztetages danke ich den Verantwortlichen. Ich hatte keine Probleme, den Abstimmungen zu folgen. Gefehlt hat mir der persönliche Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen und das „Feeling“ einer Tagung in Präsenz: mit den Kollegen ins Gespräch kommen, über offene und getroffene Entscheidungen diskutieren und auch die gemeinsamen Abende, bei denen man auch neue Kollegen und andere Perspektiven auf den Arztberuf kennenlernt. Ich als „Ärztetags-Neuling“ hätte auch gut die Erfahrungen eines „alten Hasen“ brauchen können, um zum Beispiel Anträge geschickt zu platzieren und abzustimmen.

Darum freue ich mich auf den kommenden Ärztetag, den wir hoffentlich wieder in Präsenz verbringen, und wo wir von den Erfahrungen unserer Mit-Delegierten lernen können.  

Der 124. Deutsche Ärztetag war für mich in jeder Hinsicht eine Premiere. 

Dem IT-Support gebührt ein großes Dankeschön für die engagierte Unterstützung. Meine Quintessenz für diesen Ärztetag ist, dass wir keine Gender-Debatten oder Quoten für die Gremien in der ärztlichen Selbstverwaltung benötigen. Die neuen Bundesländer und ihre jungen Kolleginnen machen uns vor, dass sich fachliche Kompetenz durchsetzt. Ein Mentoren-Programm für junge Ärztinnen und Ärzte ist dringend notwendig, um den nachfolgenden Kolleginnen und Kollegen die Notwendigkeit eines Engagements im Ehrenamt nahezubringen.

Für mich hat der Deutsche Ärztetag ein klares Signal an Ärzteschaft, Politik und Gesellschaft gesendet, dass wir uns als Berufsstand intensiv und aktiv mit den großen Themen unserer Zeit auseinandersetzen: den Lehren aus der Corona-Pandemie und hier insbesondere der Notwendigkeit einer durchdachten und funktionalen Digitalisierung. Die Ärzteschaft hat sich zudem klar positioniert, dass es unsere vordringliche Aufgabe ist, das Leben zu schützen und Suizide zu vermeiden. Gut ist, dass wir den Klimawandel als weitere drängende gesundheitliche Gefahr unserer Zeit noch in diesem Jahr auf einem ordentlichen Ärztetag ausführlich bearbeiten werden.  

 

Dieser besondere Ärztetag, für mich erstmalig als ordentlicher Delegierter und nicht bloß als Gast, war geprägt von einer Grundsatzdiskussion, die lange erforderlich war, ungeachtet der Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts. Trotz vielschichtiger Einzelpositionen zeigte sich doch eine deutlich erkennbare Grundlinie in der ärztlichen Haltung zum Thema „Sterbehilfe“. Als Ärzteschaft müssen wir Patienten und Erkrankten hier umfassend zur Seite stehen. Einen Zwang zur aktiven Beendigung von Leben darf es jedoch keinesfalls geben. Und niemals darf hier ein kommerziell ausgerichtetes (Dienstleistungs-)System geduldet werden.

Ein weiterer wichtiger Eindruck war, dass wir trotz hervorragender Vorbereitung sowie administrativer und technischer Instruktionen schnellstmöglich zu regulären Präsenzveranstaltungen zurückkehren müssen, sobald die äußeren Umstände dies erlauben. Zwar verlangen zwei digitale Sitzungstage den Delegierten andere Konditionen ab. Doch eine zeitliche Verkürzung des Ärztetages mit dem fehlenden intensiven Austausch vor Ort, den nicht fassbaren Emotionen und Stimmungen im Sitzungssaal sowie dem nicht vorhandenen Gemeinschaftsgefühl sehe ich überwiegend als Nachteil und Schwächung der uns zugestandenen Verantwortung.

Es war mein erster Deutscher Ärztetag als offizielle Delegierte der Ärztekammer Nordrhein – eine besondere Herausforderung für mich. Zum ersten Mal im Online-Format – eine besondere Herausforderung für alle. 

Es ist den Delegierten auch im Online-Format gelungen, eine gute Diskussion zu führen und viele wichtige Anträge zu beschließen. In der Diskussion um die Lehren aus der COVID-19-Pandemie habe ich die deutsche Ärzteschaft als geschlossen und zielorientiert erlebt. Unser Gesundheitssystem ist einerseits im höchsten Maße leistungsfähig, es sind aber wichtige Veränderungen notwendig, um diese Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Es steht am Rande der Belastungsgrenze, an manchen Stellen gehen die Belastungen sicher auch schon über diese Grenze hinaus. Ich würde mir daher eine breite Diskussion über mögliche Finanzierungskonzepte auch innerhalb der Ärzteschaft wünschen. 
Als Ärztin in Weiterbildung war für mich die Diskussion über die Weiterbildung von besonderem Interesse. Es sind viele gute Anpassungen angenommen worden. Ich begrüße die Einführung des Facharztes „Innere Medizin und Infektiologie“. 

Für mich nicht nachvollziehbar ist allerdings die Vorstandsüberweisung des Antrages „Qualitätsentwicklung vorantreiben – jetzt die Evaluation der Weiterbildung sichern“ mit dem Argument der Finanzrelevanz, wie es aus den Reihen des Marburger Bundes in Nordrhein vorgebracht wurde. Wenn uns die ärztliche Weiterbildung wirklich wichtig ist, sollte die bundesweite Forderung einer Evaluation zur Sicherung der Qualität nicht an der Finanzierung scheitern!