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Meinung

Reform des Medizinstudiums

18.02.2021 Seite 3
RAE Ausgabe 3/2021

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 3/2021

Seite 3

Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein © Jochen Rolfes
Der Vorstand der Ärztekammer Nordrhein hat die Neufassung der Ärztlichen Approbationsordnung, wie sie in einem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums vorgesehen ist, auf die Agenda der nächsten Kammerversammlung gesetzt.

Über das alles beherrschende Thema der Corona-Pandemie dürfen wir wichtige Zukunftsfragen unseres Berufes nicht vernachlässigen. Deshalb hat der Vorstand unserer Ärztekammer Nordrhein in seiner Sitzung im Februar beschlossen, der Reform der ärztlichen Ausbildung einen eigenen Tagesordnungspunkt bei der Kammerversammlung am 13. März zu widmen.
Im Mittelpunkt der Betrachtung wird dann der Referentenentwurf einer Neufassung der Approbationsordnung für Ärztinnen und Ärzte (ÄApprO) stehen, den das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im November 2020 vorgelegt hat. Kernpunkte sind ein stärkerer Praxisbezug des Studiums, kompetenzorientierte Prüfungen, mehr Gewicht für kommunikative und soziale Fähigkeiten und eine Stärkung der Allgemeinmedizin in Studium und Forschung. 

Ich begrüße, dass die wissenschaftliche Ausrichtung des Medizinstudiums in den Reformplänen verbindlich festgelegt ist. Unsere künftigen Kolleginnen und Kollegen müssen ihre Kompetenz in einer breit gefächerten Ausbildung erwerben können, eine Privilegierung einzelner Fächer oder eine Engführung im Hinblick auf aktuelle Versorgungsnotwendigkeiten wäre insofern kontraproduktiv.

Die im Referentenentwurf vorgesehene Verbindung von Klinik und Vorklinik und die Einbeziehung des ambulanten Sektors sind positiv zu bewerten. Auch die Prüfungen sollen insgesamt praxisnäher gestaltet werden. Das Praktische Jahr wird nach den Plänen des BMG von Tertialen auf Quartale und damit auf vier Ausbildungsabschnitte von je zwölf Wochen umgestellt werden. Dabei werden Innere Medizin sowie Chirurgie Pflicht bleiben und durch zwei Stationen in anderen klinisch-praktischen Fachgebieten (Wahlfächern) ergänzt, von denen mindestens eines im vertragsärztlichen Bereich zu absolvieren ist.
Hinsichtlich der Finanzierung der Reform sehe ich noch offene Fragen. Der Mehraufwand in der universitären Lehre muss ausgeglichen werden. Die praktische Ausbildung, auch in ambulanten Praxen und Akademischen Lehrkrankenhäusern, wird nur mit zusätzlichem Personal und entsprechenden Finanzmitteln zu bewältigen sein. Auch die personalintensiven Prüfungen, insbesondere der dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung am Patienten und die anwendungsorientierte Parcoursprüfung, sind adäquat zu kalkulieren.

Die bewährten Modellstudiengänge, die eine frühe und intensive Verschränkung von Grundlagen und Klinik zum Ziel haben, sollen meiner Meinung nach weiterhin möglich bleiben. Auch liegt mir sehr daran, dass die Bedeutung der Freiberuflichkeit im Sinne der ärztlichen Unabhängigkeit in fachlichen Entscheidungen künftig im Studium verstärkt vermittelt wird, um so einen Kontrapunkt zur Kommerzialisierung unseres Berufes zu setzen. Nach derzeitiger Planung soll die neue ÄApprO, die laut Bundesärzteordnung eine Rechtsverordnung des BMG ist und der Zustimmung des Bundesrates bedarf, am 1. Oktober 2025 in Kraft treten. 

Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein