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Praxis

10. Oberhausener Ärztetag – gutes Miteinander auch digital

18.01.2022 Seite 20
RAE Ausgabe 2/2022

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 2/2022

Seite 20

Gastgeber des 10. Oberhausener Ärztetags: Dr. Peter Kaup, Vorsitzender der Kreisstelle Oberhausen und auch in Sachen Klimawandel und Gesundheit aktiv. © Andreas Köhring
Im November 2021 fand das 10. Jubiläum der Fortbildungs- und Netzwerkveranstaltung „Oberhausener Ärztetag“ mit gut 60 Ärztinnen und Ärzten sowie Gästen aus Politik und ärztlicher Selbstverwaltung statt. Dabei ging es neben dem fachlichen Austausch vor allem um die Kommunikation.

von Ulrike Schaeben

In seiner Begrüßungsrede zeigte sich der Vorsitzende der Kreisstelle Oberhausen, Dr. Peter Kaup, dankbar für das sehr gute Miteinander in der Oberhausener Ärzteschaft, das sich insbesondere in Pandemiezeiten als enormer Vorteil in der Patientenversorgung bewährt habe. Das Motto der Jubiläumsveranstaltung „Oberhausen vernetzt – Fernbeziehung und doch so nah?“ passe perfekt zur Situation in der Pandemie: „Wir sind in Oberhausen in der Krise noch enger zusammengerückt“, führte Kaup aus. Aufgrund von Kontaktbeschränkungen hätten sich neue Kommunikationsformen wie zum Beispiel Videokonferenzen und Online-Fortbildungen etabliert. So fanden die bewährten „Oberhausener Kammerdienstage“, bei denen Kolleginnen und Kollegen aus Oberhausen zu wechselnden Themen referieren, im vergangenen Jahr als Online-Format statt und verzeichneten erfreulich hohe Teilnehmerzahlen, wie Kaup in seinem Jahresrückblick hervorhob. Jetzt gelte es, das Positive, das die Ärztinnen und Ärzte aus der Zusammenarbeit in „indirekter Nähe“ erfahren hätten, auch jenseits der pandemischen Krisenbewältigung im Alltag umzusetzen.

Daniel Schranz, Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen und Schirmherr der Veranstaltung, dankte den Ärztinnen und Ärzten auf den Intensivstationen und in den Praxen für ihr besonderes Engagement in der Pandemie, vor allem mit Blick auf die besonders vulnerablen Patienten in den Pflegeheimen. Ebenso wie Kaup zog er ein sehr positives Fazit der gemeinsamen Arbeit im Krisenstab der Stadt: Oberhausener Ärztinnen und Ärzte hätten durch ihre engagierte Mitarbeit für das Miteinander gesorgt, durch gute Abstimmung Schlimmeres verhindert und vor allem die notwendige Sachkompetenz eingebracht. Sein Wunsch: Die intensivierte Vernetzung zwischen Ärzteschaft, Pflegeeinrichtungen und der ambulanten Pflege solle genutzt werden, um das Oberhausener Gesundheitssystem gemeinsam weiterzuentwickeln, wozu auch das Programm des diesjährigen Oberhausener Ärztetages einen wichtigen Beitrag leiste.

Damit spannte der Oberbürgermeister den Bogen zum Gastvortrag von Professor Dr. Jochen A. Werner. Der ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende der Universitätsmedizin Essen nahm die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit auf eine spannende Reise in die Zukunft der „Smart Health“, die im Uniklinikum Essen teilweise schon Realität ist. 

Digitaler Kraftstoff der Zukunft

Die Coronapandemie habe das Brennglas auf die Defizite in der Gesellschaft und auch in der Digitalisierung gerichtet. Aber auch Patienten selbst, die zunehmend digitale Anwendungen nutzen, würden aktuellen Analysen zufolge zum disruptiven Treiber der Digitalisierung im Gesundheitswesen, hob Werner hervor.

Doch wie kann man auch den Mitarbeitern begreiflich machen, dass es zur Disruption des Systems Universitätsmedizin kommen wird und dass tiefgreifende Veränderungen unausweichlich sind? Dazu braucht man laut Werner ein „Big Picture“, und das ist für ihn „Smart Health“ – ein Puzzle aus vielen Modulen, die für das Funktionieren des Systems enorm wichtig sind. Ausgangspunkte für diesen komplexen Prozess im Uniklinikum Essen waren unter anderem die Einführung einer elektronischen Patientenakte unter maßgeblicher Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege, die Einrichtung eines Call Centers zur zielgenauen Lenkung der unzähligen eingehenden Anrufe und der Aufbau einer digital basierten Notaufnahme. Auch das softwaregestützte Management freier Betten sei im Zuge der Coronapandemie noch wichtiger geworden. Insgesamt habe die Pandemie der Digitalisierung auch im Gesundheitswesen einen großen Schub gegeben. Das Ziel sei es, die Behandler in Echtzeit mit den aktuellen Daten des Patienten versorgen zu können, sobald dieser ins Krankenhaus eingeliefert werde. Medizinische Daten sind für Werner der „digitale Kraftstoff der Zukunft“, nicht nur bei der akuten medizinischen Intervention, sondern auch in der Prävention und in der Rehabilitation. Unabdingbar sei es auch, Mitarbeiter und Patienten in diesem Prozess „mitzunehmen“ und beispielsweise in der Aufklärung eine einfache Sprache zu sprechen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Vertretern aus ambulantem und stationärem Bereich lenkte Moderator Thomas Görger den Blick insbesondere auf die Schnittstellen von Klinik und Praxis und die Desiderate in den Bereichen Telemedizin und Digitalisierung. Die niedergelassene Gynäkologin Dr. Christina Fiebig hob den Auftrieb hervor, den Videosprechstunden in ihrer Praxis während der Pandemie erhalten haben. Ihre Kollegen, Privatdozent Dr. Thomas Butz und Professor Dr. Till Hasenberg, unterstrichen ergänzend den Mehrwert von Smart Devices und digitalen Patientenschulungen für Adipositas-, Diabetes- und KHK-Patienten.
 
Einig waren sich die Akteure des 10. Oberhausener Ärztetages, dass auch perspektivisch digitale Kommunikation den gewohnten Austausch zwischen Arzt und Patient ideal ergänzen kann. Betont wurde abschließend die Notwendigkeit eines einheitlichen, bundesweiten Konzepts, um die Digitalisierung „zum Fliegen“ zu bringen, statt weiter an einem Flickenteppich regionaler Aktivitäten zu weben. 

Dr. phil. Ulrike Schaeben ist Referentin für die Koordination der Kreisstellen der Ärztekammer Nordrhein