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Praxis

Pflegeheimversorgung: Mit Telemedizin für ein intersektorales Miteinander

15.12.2021 Seite 24
RAE Ausgabe 1/2022

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 1/2022

Seite 24

Mit dem demografischen Wandel wachsen zugleich auch die Herausforderungen an die Versorgung älterer und hochbetagter Menschen in Pflegeheimen. Darum ist heutzutage das reibungsfreie Zusammenspiel der verschiedenen ärztlichen Fachgruppen mit der Hausarztpraxis als erstem Ansprechpartner, umso wichtiger. Doch was ist, wenn die betreuende Hausärztin oder der betreuende Hausarzt nicht erreichbar ist?  

von Thomas Petersdorff 


Optimal@NRW – das Kürzel steht für „Optimierte Akutversorgung geriatrischer Patienten durch ein intersektorales telemedizinisches Kooperationsnetzwerk – rund um die Uhr“. Das Ziel des aus den Mitteln des Innovationsfonds geförderten Projektes besteht darin, die Zahl vermeidbarer Krankenhauseinweisungen mithilfe von Telemedizin zu reduzieren. Im April letzten Jahres gestartet, nehmen insgesamt 25 Pflegeeinrichtungen aus dem Großraum Aachen – Düren und Heinsberg eingeschlossen – an Optimal@NRW teil. Bei der Umsetzung fußt das Projekt ganz auf dem „virtuellen gemeinsamen Tresen“.

Rückendeckung für Ärzte und Pflegepersonal

Was es damit auf sich hat, verrät ein Blick in den Versorgungsalltag: Dort kommt Optimal@NRW immer dann zum Zuge, wenn sich der Zustand eines Pflegeheimbewohners kurzfristig verschlechtert und zeitnah mit einem Arzt Rücksprache gehalten werden muss. Insbesondere außerhalb der Sprechstundenzeiten funktioniert das Ganze dann so: Für den Fall, dass bei einem Heimbewohner akute Beschwerden auftreten, die keinen lebensbedrohlichen Notfall darstellen, ruft das Pflegeheim die 11 6 11 7 an. Die Arztrufzentrale in Duisburg vermittelt dann als Teil des „virtuellen gemeinsamen Tresens“ kurzfristig eine ärztliche Behandlung. Falls der Hausarzt nicht verfügbar ist, wird der diensthabende Arzt in der nächstgelegenen Notdienstpraxis oder ein Telearzt der Uniklinik RWTH Aachen verständigt. Der Telearzt verschafft sich zunächst per Videokonsultation ein genaueres Bild der Lage und behandelt den Patienten. Dabei kann er auch auf eine zentral geführte Patientenakte und auf unmittelbar vor Ort erhobene Vitaldaten zugreifen. Sollten weitere Maßnahmen notwendig werden, kommen die Nicht-ärztlichen Praxisassistenzen mit Zusatzaufgaben (NäPa(Z)) ins Spiel, die ärztlich delegierbare Leistungen, wie zum Beispiel das Legen eines neuen Blasenkatheters, vornehmen. „Worauf es uns in erster Linie ankommt, ist, ein sektorenübergreifendes Miteinander zu schaffen, das dem Pflegepersonal in den Heimen die notwendige Rückendeckung und auch entsprechende Kompetenzen gibt“, erläutert Dr. Jörg Christian Brokmann, Leiter der Zentralen Notaufnahme der Uniklinik RWTH Aachen und Konsortialführer des Projektes, das Kernanliegen hinter Optimal@NRW.
 
Wie wichtig ein gut eingespieltes Miteinander ist, zeigt nicht zuletzt ein abgestimmtes Handeln im Notfall: Wird bei einer Ersteinschätzung tatsächlich eine lebensbedrohliche Notfallsituation festgestellt, leitet die 11 6 11 7 dies per neuem Direktanschluss an die zuständige Rettungsleitstelle der Region Aachen, Heinsberg oder Düren weiter, welche folgend entsprechende Schritte veranlasst. Auch der Notarzt kann Zugriff auf die zentrale Patientenakte erhalten, weshalb eine regelmäßige Dokumentation für eine gelingende Zusammenarbeit im Rahmen des Optimal@NRW-Netzwerks umso wichtiger ist.  

Rollout bis Ende 2022 abgeschlossen

Stand jetzt befindet sich Optimal@NRW noch in der Einführungsphase, bei der zunächst die technischen Voraussetzungen vor Ort geschaffen werden. In diesem Zuge werden die teilnehmenden Pflegeheime und Praxen mit telemedizinischen Rollständern und Frühwarnsystemen zur Messung von Vitalwerten ausgestattet. Im Laufe des Januar sollen die Vorbereitungen dann so weit abgeschlossen sein, dass die ersten sieben Heime beginnen können – danach erfolgt der Rollout kaskadenartig, sodass die restlichen 18 Projektteilnehmer bis Ende 2022 folgen. Zunächst ist das Vorhaben bis April 2024 terminiert, langfristig wird es jedoch vor allem darum gehen, die Erkenntnisse, die man sammeln konnte, in die Regelversorgung zu überführen. Eine projektbegleitende Evaluation sowie eine abschließende Veröffentlichung der Ergebnisse ist hierzu unabdingbar. 

Thomas Petersdorff ist Referent im Bereich Presse und Medien der KV Nordrhein.

Optimal@NRW-Versorgungsvertrag – ab sofort Teilnahme möglich

Optimal@NRW steht für Optimierung der Akutversorgung geriatrischer Patienten – rund um die Uhr und wird in der Region Aachen, Düren, Heinsberg durchgeführt. Ziel des Projektes ist es, vorschnelle Krankenhauseinweisungen älterer Patienten zu vermeiden und ein Verbleiben in der gewohnten Umgebung zu ermöglichen – soweit dies medizinisch vertretbar erscheint. Für Ärzte, die Pflegeheimbewohner in den beteiligten Pflegeheimen betreuen, ist die Teilnahme am Versorgungsvertrag ab sofort möglich. 
Die Teilnahmeerklärung sowie weitere Informationen zum Versorgungsangebot (Merkblatt, Liste der Pflegeheime vor Ort) finden Sie unter https://www.kvno.de/ueber-uns/versorgungsprojekte/optimalnrw