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Ärztekammer Nordrhein schafft Angebot für "emotionale Erste Hilfe"

Besorgter Arzt sitzt auf dem Flur
Damit traumatische Erlebnisse nicht zur dauerhaften Belastung werden, benötigen Ärztinnen und Ärzte etablierte Hilfsstrukturen. © Wavebreakmedia/istockphoto.com

Düsseldorf, 12.9.2022. Die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) hat ein Angebot zur Krisenintervention für Ärztinnen und Ärzte geschaffen, die in ihrem Berufsalltag besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Ansprechpartner ist Dr. Stefan Spittler.

stefan.spittler(at)alexianer.de

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"Wir wollen mit unserem Angebot emotionale Erste Hilfe leisten", erklärte der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie und Chefarzt der Klinik für Psychische Gesundheit der Alexianer in Krefeld bei der Online-Fortbildungsveranstaltung "Second Victim – Traumatische Erfahrungen im ärztlichen Beruf" am 10. September 2022. Das Angebot solle niederschwellig und breit gefächert sein. Es sei kostenfrei und könne auf Wunsch auch anonym in Anspruch genommen werden, so Spittler. Zunächst gehe es um den kollegialen Austausch auf Augenhöhe, denn nicht jede heftige Stressreaktion, die beispielsweise durch einen Behandlungsfehler ausgelöst wurde, sei therapiebedürftig. Es gehe darum, ein Unterstützungsangebot für diejenigen Ärztinnen und Ärzte vorzuhalten, die Hilfe benötigten. Sollte sich im Gespräch herausstellen, dass eine therapeutische Behandlung notwendig sei, könne man geeignete Ansprechpartner vermitteln.

Dr. Andreas Schießl, Facharzt für Anästhesiologie und Oberarzt an der Schön Klinik München, zählte eine ganze Bandbreite schwerwiegender Ereignisse aus dem ärztlichen Alltag auf, die eine Krisenintervention erforderlich machen könnten. Dazu gehörten unerwartete Todesfälle oder schwere Verletzungen von Patienten oder Kollegen zum Beispiel durch Suizid oder Unfall, Beinahe-Behandlungsfehler, gescheiterte Reanimationen insbesondere bei Kindern, Gewalt gegenüber Kollegen oder Patienten, sexualisierte Gewalt, oder auch Katastrophen wie Zugunglücke oder die besondere Dauerbelastung durch die jüngste Coronapandemie. Schießl ist Mitbegründer des Vereins PSU-Akut (www.psu-akut.de), der im Gesundheitswesen Tätigen psychosoziale Unterstützung anbietet, "damit traumatische Erlebnisse nicht zur dauerhaften Belastung werden". Nicht jede Belastungssituation sei pathologisch, betonte Schießl. Es gehe darum, gemeinsam mit dem Kollegen oder der Kollegin zu schauen, welche Reaktion noch „normal“ sei und wo sich ein Risikoverlauf andeute. Wichtig ist es seiner Ansicht nach, in die Primärprävention zu investieren, damit Betroffene auf etablierte Hilfsstrukturen zurückgreifen, ihre Resilienz stärken und letztlich im Beruf gehalten werden können.

Die große Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Veranstaltung sprach dafür, dass Bedarf für ein solches Angebot besteht. Mehr als 500 Ärztinnen und Ärzte hatten sich zugeschaltet. Organisiert hatte die Online-Fortbildung der Ad-hoc-Ausschuss Ärztegesundheit unter dem Vorsitz der ÄkNo-Vorstandsmitglieder Christa Bartels und Dr. Christiane Groß.

HK


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