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127. Deutscher Ärztetag in Essen eröffnet

Ärzteschaft fordert angemessene Beteiligung am politischen Prozess ein

  • Eröffnung des Deutschen Ärztetags in der Essener Philharmonie
    „Vielfalt in Essen“ lautete das Motto des 127. Deutschen Ärztetages. Bei der feierlichen Eröffnung in der Philharmonie spielte das Orchester das Steigerlied zu einer Bildershow, die die Stadt im Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsmetropole zeigte. © Jochen Rolfes
  • Bei der Eröffnung des Deutschen Ärztetags: Karl-Josef Laumann, Dr. Klaus Reinhardt, Karl Lauterbach
    Nicht immer konfliktfrei, aber dialogbereit: Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. © Jochen Rolfes
  • Rudolf Henke Rede auf der Eröffnung des Deutschen Ärztetags in Essen
    Leidenschaftliches Plädoyer für mehr Prävention: der Präsident der gastgebenden Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. © Jochen Rolfes

Essen, 17.5.2023. Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, nutzte die Anwesenheit von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Eröffnung des 127. Deutschen Ärztetags am 16.5.2023 in Essen, um eine angemessene Beteiligung der verfassten Ärzteschaft am politischen Prozess einzufordern. Er halte es für einen schweren politischen Fehler, dass Lauterbach den Sachverstand der ärztlichen Körperschaften nicht systematisch in seine Reformvorhaben einbinde. Die Folgen zeigten sich gleich bei zwei wichtigen Reformvorhaben der Bundesregierung: der Digitalisierung und der anstehenden Reform der Krankenhausfinanzierung und -planung.

Wenn die Krankenhausreform auch nur im Ansatz erfolgreich sein solle, müssten die in der Versorgung praktisch tätigen Ärztinnen und Ärzte von Beginn an mit einbezogen werden. In Nordrhein-Westfalen sei das vorbildlich geschehen. Dort habe Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann die Ärztekammern, die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landeskrankenhausgesellschaft und die Krankenkassen von Anfang an in die Planungen eingebunden. „Aus meiner Sicht könnte sich der Bund inhaltlich-fachlich wie auch prozedural ein Vorbild an Nordrhein-Westfalen nehmen“, erklärte Reinhardt. Ebenso müsse am Anfang aller Überlegungen digitaler Prozesse immer die Frage stehen, was für die Patientenversorgung gebraucht werde und welche Versorgungsdefizite durch digitale Anwendungen verbessert werden könnten.

Lauterbach beteuerte in Essen, dass er die Probleme im Gesundheitswesen gemeinsam mit der Ärzteschaft angehen wolle. „Seien Sie nicht eingeschnappt, lassen Sie uns gemeinsam an diesen Baustellen arbeiten“, appellierte der Minister an die 250 Abgeordneten des Deutschen Ärztetages. Es gelte, einer „überdrehten Ökonomisierung“ gegenzusteuern und ganz grundsätzlich die Versäumnisse der vergangenen zehn Jahre abzuarbeiten. Dazu zählte der Minister neben der bereits eingeläuteten Finanzierungs- und Planungsreform für die Krankenhäuser auch den Kampf gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln, um die Produktion aus Billiglohnländern nach Europa zurückzuholen und damit Lieferengpässen entgegenzuwirken. Außerdem plädierte er dafür, die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter voranzutreiben und die Zahl der Medizinstudienplätze um 5.000 jährlich aufzustocken, um zu verhindern, dass sich der Ärztemangel weiter verschärft.

Der Präsident der gastgebenden Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, legte den Fokus auf eines der Schwerpunktthemen des diesjährigen Deutschen Ärztetages: Prävention, Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung. Angesichts der demografischen Entwicklung nähmen altersbedingte Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Demenz zu. Die steigende Nachfrage an Gesundheitsleistungen treffe dabei auf den bereits jetzt spürbaren Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen.
Umso wichtiger sei es, bereits Kindern und Jugendlichen einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu vermitteln, um Risikofaktoren für chronische Erkrankungen wie Rauchen und schädlichen Alkoholkonsum zu minimieren. 7,9 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren konsumierten in Deutschland Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise. „Wie man angesichts dieser ungelösten Probleme, vor die uns die legalen Drogen schon heute stellen, auf die Idee kommen kann, nun noch eine weitere Droge durch die Cannabislegalisierung hinzuzufügen, erschließt sich mir gerade mit dem Verweis auf Kinder- und Jugendschutz nicht“, sagte Henke an den Bundesgesundheitsminister gewandt.

Statt Energie und Arbeit in ein Gesetz zu stecken, dass sich mit dem Anbau von Cannabispflanzen und dem Aufbau von Cannabis-Social-Clubs beschäftigt, hätte er sich gewünscht, diese Arbeitskraft in den nachhaltigen Ausbau von Prävention und in die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stecken. Das schließe den Ausbau von Angeboten der Suchtprävention, Ernährungs-, Gesundheits- und Medienkompetenz in Schulen ein. „Eine Überarbeitung des Präventionsgesetzes, auch unter Ausweitung des Präventionsansatzes auf die planetare Gesundheit sollte meiner Ansicht nach prioritär erfolgen“, betonte Henke.

HK

 

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