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Organspende: Negativer Trend hält an

Arzt mit Organtransportbehälter
Mit 869 postmortalen Organspendern hat deren Zahl einen weiteren Tiefststand erreicht. © Andreas Steeger/DSO

Düsseldorf, 23.8.2023. Die Zahl postmortaler Organspender lag in Deutschland im vergangenen Jahr mit 869 um knapp sieben Prozent unter der von 2021. Der rückläufige Trend der letzten zehn Jahre setze sich damit fort, erklärte Dr. Scott Oliver Grebe am 22. August in Düsseldorf. Der Geschäftsführende Arzt der DSO-Region Nordrhein-Westfalen sprach bei einer gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung der ärztlichen und pflegerischen Transplantationsbeauftragten in NRW im Haus der Ärzteschaft. Initiiert hatten das Netzwerktreffen die beiden Ärztekammern des Landes.

Grebe führte den „dramatischen Rückgang“ der Organspenderzahlen 2022 insbesondere auf die Coronapandemie zurück. Die Krankenhäuser seien durch hohe Patientenzahlen und eigene Personalausfälle infolge von SARS-CoV-2-Infektionen an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen. Darüber hinaus habe man lange nicht gewusst, ob coronapositive Patienten als Organspender infrage kommen. Erst Ende April 2022 habe die Bundesärztekammer dazu Empfehlungen herausgegeben. Im Gegensatz zur Zahl der Spender haben Grebe zufolge die organspendebezogenen Kontakte zur Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) von 2021 auf 2022 um vier Prozent zugenommen. Insgesamt gab es 3.256 Kontaktaufnahmen zur DSO. Grund für den Ausschluss einer Organspende sei in 36 Prozent der Fälle die fehlende Zustimmung gewesen. In 14 Prozent der Fälle lagen medizinische Kontraindikationen vor und in 16 Prozent der Fälle wurde kein Irreversibler Hirnfunktionsausfall festgestellt. In sieben Prozent der Fälle war es vor der Transplantation zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand gekommen. Für NRW zeichnete Grebe ein besonders düsteres Bild bei der Organspende. Hierzulande sank die Zahl der postmortalen Organspender 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent, von 206 auf 169.

Eines der größten Hindernisse für die Organspende ist Grebe zufolge die fehlende Zustimmung der Verstorbenen oder ihrer Angehörigen. Zwar bekundeten 80 Prozent der Bundesbürger in Umfragen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass sie der Organspende positiv gegenüberstehen. Nur 40 Prozent hätten jedoch in einem Organspendeausweis ihren Spenderwillen dokumentiert.

Dazu komme das Problem der Spendererkennung insbesondere in kleinen Krankenhäusern, sagte Dr. Gero Frings, Transplantationsbeauftragter und Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Akut-Schmerztherapie am St. Bernhard-Hospital Kamp-Lintfort. Die Organspende müsse auch an den Häusern fern der Universitätskliniken regelmäßig in Fortbildungsveranstaltungen thematisiert werden. Bei Fragen oder Unsicherheiten stünden zudem Ansprechpartner der DSO rund um die Uhr zur Verfügung.

Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, verwies auf das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende, das im April 2019 in Kraft trat und wichtige Impulse gesetzt habe. Es sieht unter anderem eine Analyse der Todesfälle in den Entnahmekrankenhäusern vor, um die Spendererkennung zu optimieren. Zudem hat es die Position der Transplantationsbeauftragten gestärkt, indem diese von ihren sonstigen Aufgaben freigestellt und deren Tätigkeit im Rahmen der Organspende refinanziert wird. Außerdem wurde die Vergütung für Organentnahmen deutlich erhöht. Trotz dieser guten Voraussetzungen sei es aber bislang nicht gelungen, die Zahl der Organspenden in Deutschland relevant zu steigern, bedauerte Henke. Man stehe nahezu am Ende der Liste der europäischen Länder mit einem aktiven Transplantationsprogramm. Vor diesem Hintergrund regte Professor Dr. Theodor Windhorst, Transplantationsbeauftragter der Ärztekammer Westfalen-Lippe und deren ehemaliger Präsident, an, sich auf politischer Ebene noch einmal mit der sogenannten Widerspruchslösung zu befassen. Prominente Befürworter der Regelung, wonach jeder als Organspender gilt, der nicht aktiv widerspricht, sind Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.

HK


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