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Aktueller Jahresbericht der Arzneimittelberatung


Die Komplexität des deutschen Arzneimittelmarktes erfordert von Ärztinnen und Ärzten eine stete Aktualisierung ihres pharmakologischen Wissens sowie ihrer Kenntnis der regulatorischen Anforderungen bei der Verordnung von Arzneimitteln. Neutrale Informationen zu neuen Entwicklungen und neuen Erkenntnissen über bekannte Arzneimittel sind daher zur Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten im Kammerbereich von hohem Wert. Ärztekammern und kassenärztliche Vereinigungen haben den gesetzlichen Auftrag, Fortbildungsmaßnahmen anzubieten, die frei von wirtschaftlichen Einflüssen sind. Daraus leitet sich die Aufgabe der Arzneimittelberatungsstelle der Ärztekammer ab, Ärztinnen und Ärzten in Praxis und Klinik neutrale, sachkundige und aktuelle Arzneimittelinformationen zur Verfügung zu stellen, die diese auch an ihre Patienten weitergeben können.

 

Tätigkeitsschwerpunkte im Jahr 2022/ 2023

Im Jahr 2022/23 wurden zahlreiche Anfragen von Ärztinnen und Ärzten sowie auch von Be-hörden zu pharmakologischen und arzneimittelrechtlichen Problemen geprüft und beantwortet. Von großem ärztlichem Interesse waren im letzten Jahr die Lieferengpässe von Arzneimitteln und die geplante Cannabislegalisierung der Ampelkoalition. Die Verfügbarkeit und Versorgung mit Arzneimitteln standen im Mittelpunkt der Diskussionen, ebenso wie die geplanten gesetzlichen Änderungen zu Cannabis.

Ausschuss Arzneimittelverordnung und -therapiesicherheit

Der Ausschuss befasste sich im Berichtszeitraum mit folgenden zentralen Themen:

Missbrauch von Medikamenten als Lifestylemittel mit konsekutiven Lieferengpässen für die eigentliche medizinische Indikation/Sensibilisierung der Ärzte, Apotheker und Nutzer

Dr. Stefan Derix, Geschäftsführer der Apothekerkammer Nordrhein, informierte über die seit Monaten anhaltenden Lieferengpässe bei den Diabetes-Medikamenten Ozem-pic (Semaglutid) und teilweise auch bei Trulicity (Dulaglutid). Beide GLP-1-Rezeptorantagonisten (Inkretinmimetika) sind in Deutschland lediglich zur Behandlung des unzureichend kontrollierten Diabetes mellitus Typ 2 bei Erwachsenen zugelassen, werden jedoch immer häufiger Off-Label zur schnellen Gewichtsreduktion genutzt. Insbesondere der virale Hype um Semaglutid, der über Online-Plattformen verbreitet wurde, führte seit seiner Markteinführung 2019 zu einer drastischen Nachfragesteigerung. Dies wiederum resultierte in ernsthaften Versorgungsengpässen für Diabetes-Patienten. Konkrete Empfehlungen wurden entwickelt, um die Verfügbarkeit dieser Medikamente zu gewährleisten und Off-Label-Anwendungen einzuschränken.

Missbräuchliche Anwendung von Medikamenten als Lifestylemittel mit Blick auf den illegalen Verkauf von Diabetes-Medikamenten und -Hilfsmitteln auf Online-Schwarzmärkten

Professor Heiko Burchert von der FH Bielefeld präsentierte Einblicke in den illegalen Handel mit Diabetes-Medikamenten und -Hilfsmitteln auf Online-Schwarzmärkten. Die Herkunft dieser Produkte ist oft dubios. Verkäufer nutzen Online-Plattformen wie eBay, was zu erheblichen Schäden für Krankenkassen führt. Eine Einordnung der Verkäufer zeigte verschiedene Gruppen von Personen, die solche Medikamente ver-kaufen, und ihre zugrundeliegenden Motivationen. Der Schwarzmarkt beeinträchtigt die Gesundheitsversorgung und verursacht erhebliche finanzielle Schäden. Es wurde betont, dass der illegale Handel mit Diabetes-Medikamenten und -Hilfsmitteln ein ernstes Problem für das Gesundheitswesen darstellt und Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diesem entgegenzuwirken. Dazu gehören eine verstärkte Aufklärung der Patienten und eine verbesserte Überwachung der Online-Portale.