Vorlesen

Mail aus Bonn

27.02.2020 Seite 10
RAE Ausgabe 3/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 3/2020

Seite 10

Marie Noëlle Engels © privat

Zurück in Bonn stehe ich nun vor meinem letzten Semester im klinischen Studienabschnitt und dem zweiten Staatsexamen. Zum letzten Mal den Zyklus aus Vorlesungen, Seminaren und Klausuren durchlaufen, der über die letzten fünf Jahre zur Normalität geworden ist. Als ich vor Kurzem einen Freund traf und zu seinem Staatsexamen im vergangenen Herbst fragte, reagierte er verhalten. Amboss sei das Problem, erklärte er. Trotzdem riet er mir: „Lern mit Amboss.“ Ein scheinbarer Widerspruch, der sich mit etwas Hintergrundwissen schnell auflösen lässt: Seit einigen Jahren dominiert die Online-Plattform Amboss die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen. Laut eigener Aussage wird sie dafür von 95 Prozent der Medizinstudentinnen und -studenten an deutschen Unis genutzt. Die herausstechende Stärke scheint in der effizienten Verknüpfung von Lerninhalten und Altfragen zu liegen. Doch Änderungen im Fragen-Konzept des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) schmälern die mit Amboss erzielbaren Erfolge. 2018 begann das IMPP die Einführung von Key-Feature-Fällen, die praktischer und damit näher am Klinikalltag orientiert sein sollen (siehe RÄ 1/2020 S. 10).

In den Ergebnissen des zweiten Staatsexamens ergibt sich so eine veränderte Trennschärfe in der Notenverteilung, bei niedrig bleibender Durchfallquote. Knapp 60 Prozent der Prüflinge erreichten zuletzt zwischen 70 und 79 Prozent der Punkte, schlossen also mit der Note drei ab. Währenddessen machten rund 25 Prozent eine Vier, grob zehn Prozent eine Zwei und weniger als ein Prozent landete im Einser-Bereich. Verteilungstendenzen, die auch zuvor schon bestanden. Doch war die Spreizung 2017 mit einer Verteilung von rund fünf, 25, 50 und 15 Prozent auf die Noten eins bis vier im Vergleich noch besser. Verständlich, dass die ungleiche Notenverteilung der letzten Examina viele frustriert. Wozu viel Zeit und Schweiß in die Vorbereitung stecken, wenn die Drei schon im Vorhinein festzustehen scheint? Wie mir persönlich die neuen Fragen liegen und welche Hilfe mir dabei Amboss ist, werde ich in einigen Monaten herausfinden.

Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir an medizinstudium(at)aekno.de.