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Heilberufsgesetz NRW ist novelliert - was sich geändert hat

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Düsseldorf, 27.1.2020. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat am 3. Dezember 2019 das Zweite Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes (HeilBergG) beschlossen. Das Gesetz ist seit dem 14. Dezember 2019 in Kraft. Damit gehen Änderungen einher, die die Heilberufskammern und ihre Kammerangehörigen betreffen.

Die wesentlichen Änderungen sind folgende:

I. Neue Befugnisse der Heilberufskammern

1. Datenaustausch zwischen den Behörden

Auf der Basis der europäischen Datenschutzgrundverordnung aus dem Jahr 2016 waren die Rechtsgrundlagen für die Datenübermittlung an die Kassenärztliche Vereinigung, andere Heilberufskammern und Versorgungswerke zu regeln.

Die Heilberufskammern haben nun die Befugnis erhalten, in bestimmten Fällen personenbezogene Daten an die Kassenärztliche Vereinigun zu übermitteln, ferner die Befugnis zur Verarbeitung der durch die Kassenärztliche Vereinigung für berufsrechtliche Verfahren übermittelten personenbezogenen Daten von Kammerangehörigen (§ 5a Abs. 4 S.2 HeilBerG), soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Kammer erforderlich ist.

Bei Fortzug eines Kammerangehörigen in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Kammer wird den Heilberufskammern die Weitergabe von Meldedaten an die für den Kammerangehörigen neue Kammer ermöglicht. Auf Anfrage können künftig Informationen über berufsrechtliche Ermittlungen oder festgestelltes berufsrechtliches Fehlverhalten an andere Heilberufskammern zur Ausübung der dortigen Berufsaufsicht übermittelt werden. Bei konkreten Anhaltspunkten für eine Gefährdung von Patientinnen und Patienten ist dies auch ohne vorherige Anfrage möglich.

Schließlich wird die Übermittlung von für die Mitgliedschaft relevanten Daten zwischen Heilberufskammern und ihren Versorgungseinrichtungen ermöglicht.

2. Mitwirkung an Qualitätssicherung

Aufgabe der Kammern ist unter anderem, die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern und zu betreiben. Mit der Änderung des HeilBerG wird für die Kammerangehörigen eine gesetzliche Verpflichtung eingeführt, an Maßnahmen der medizinischen Qualitätssicherung durch die Heilberufskammern mitzuwirken (§ 30 Nr. 6 HeilBerG). Um die Qualität erbrachter Maßnahmen und Leistungen auf hohem Niveau sicherzustellen und die Behandlungs- und Versorgungsqualität zu verbessern, haben die Beteiligten personen- und einrichtungsbezogene Daten zu erheben und an die Kammern zur Auswertung weiterzuleiten. Den Kammerangehörigen und der Ärztekammer wird dazu in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Datenschutzgrundverordnung eine Übermittlung und Verarbeitung der personen- und einrichtungsbezogenen Daten ermöglicht. Voraussetzung ist stets die Wahrung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person durch angemessene und spezifische Maßnahmen.

3. Erweiterte Übermittlungsbefugnisse an Berufszulassungsbehörde

Den Erfordernissen eines effektiven Patientenschutzes entsprechend sollen die Heilberufskammern nunmehr bei Vorliegen des begründeten Verdachts einer schwerwiegenden Erkrankung verpflichtet sein, die Berufszulassungsbehörden zu unterrichten (§ 5a Abs. 4 HeilBerG). Bislang sollte von einer gesicherten Diagnose ausgegangen werden. Die Absenkung der Voraussetzungen fordert von den Heilberufskammern eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der Gesundheit des Patienten.

4. Ehrenamtlichkeit

Auf Anregung der Heilberufskammern stellt das neue HeilBerG nun ausdrücklich klar, dass die Tätigkeit gewählter Kammerangehöriger in den Organen, Ausschüssen und sonstigen Untergliederungen der Kammer ehrenamtlich ausgeübt wird (§ 10 HeilBerG).

 

II. Neustrukturierung der Vorschriften über die Berufsaufsicht

1. Neuerungen zu berufsrechtlichen Verfahren

Erstmals werden Ermittlungsbefugnisse der Heilberufskammern ausdrücklich normiert (§ 58c HeilBerG). Neu ist dabei insbesondere, dass die Kammern das zuständige Berufsgericht um eine Zeugenvernehmung ersuchen können, soweit dies für eine Sachverhaltsaufklärung erforderlich erscheint (§ 58c Abs. 4 HeilBerG).

Zu Änderungen kam es auch im Bereich des Rügerechts. Die Rüge des Kammervorstands kann nun mit einem Ordnungsgeld von bis zu 10.000 Euro (bisher 5.000 Euro) und daneben oder allein mit der Auflage verbunden werden, auf eigene Kosten an einer von der Heilberufskammer zu bestimmenden Fortbildungsmaßnahme zur Qualitätssicherung teilzunehmen (§ 58e Abs. 3 HeilBerG). Mit dieser Erweiterung ist den Heilberufskammern die Möglichkeit eröffnet, wiederholten Berufsvergehen gleicher Art entgegenzuwirken.

Hinsichtlich der berufsgerichtlichen Überprüfung der Rüge wurde darüber hinaus ein geordnetes Rechtsmittelverfahren eingeführt (§ 58e Abs. 4 HeilBerG). Kammerangehörige, gegenüber denen im Rahmen eines Bescheids eine Rüge ausgesprochen wurde, können gegen den Bescheid binnen eines Monats nach der Zustellung die Entscheidung beim Berufsgericht beantragen. Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Berufsgericht für Heilberufe zu stellen.

Die Aufbewahrungsfristen für abgeschlossene Vorgänge aus berufsaufsichtsrechtlichen Verfahren richten sich mit der Novellierung des HeilBerG ausdrücklich nach der Datenschutzgrundverordnung, die eine Aufbewahrung solange ermöglicht, wie die Daten benötigt werden (§ 58b HeilBerG).

Neu eingeführt wurde auch ein Auskunftsanspruch im Rahmen berufsrechtlicher und -gerichtlicher Verfahren für Beschwerdeführende und sonstige Personen, die Belange Angehöriger oder Dritter in Beschwerdeangelegenheiten wahrnehmen. Dies soll eine größere Transparenz im Arzt-Patienten-Verhältnis schaffen. Mitgeteilt wird nur das Ergebnis, also ob ein Berufsvergehen festgestellt worden ist. Ob und welche Maßnahme getroffen wurde, wird weiterhin nicht mitgeteilt (§ 5a Abs. 8 HeilBerG).

2. Neuerungen im berufsgerichtlichen Verfahren

Für das berufsgerichtliche Verfahren ist eine einheitliche Verjährungsfrist von fünf Jahren unabhängig von der Schwere des Vorwurfs (§ 59 Abs. 4 HeilBerG) eingeführt worden.

Im Rahmen der möglichen berufsgerichtlichen Maßnahmen ist die Warnung als Maßnahme gestrichen worden. Hinzugetreten ist auch im berufsgerichtlichen Verfahren die Maßnahme der Teilnahme an einer Fortbildung zur Qualitätssicherung (§ 60 Abs. 1 HeilBerG). Die vom Berufsgericht zu erkennende Geldbuße wurde auf bis zu 100.000 Euro erhöht (§ 60 Abs. 1 HeilBerG). In leichteren Fällen, in denen ohne Hauptverhandlung entschieden werden kann (Beschlussverfahren), kann nun auf eine Geldbuße bis zu 20.000 Euro (statt wie bisher 10.000 Euro) erkannt werden (§ 83 HeilBerG). Ein nichtrichterlicher Beisitz in den Berufsgerichten für Heilberufe ist bei gleichzeitiger Mitgliedschaft in der Kammerversammlung nun nicht mehr möglich (§ 62 HeilBerG).


III. Regelungen zur Weiterbildung

Auf Anregung der Heilberufskammern wurde im Heilberufsgesetz die bereits übernommene Aufgabe gesetzlich verankert, nicht nur die Kammerangehörigen fort- und weiterzubilden, sondern auch Qualifizierungsangebote für die bei den Kammerangehörigen tätigen berufsspezifischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (z. B. medizinische Fachangestellte) durchzuführen (§ 6 Abs. 1 Nr. 15). Es handelt sich hierbei um eine hoheitliche Aufgabe.

Mit dem neuen § 35 Abs. 2 HeilBerG setzt die fachärztliche Weiterbildung beziehungsweise die besondere Ausbildung in der Allgemeinmedizin voraus, dass

  • eine ärztliche Grundausbildung nach der Bundesärzteordnung abgeschlossen wurde oder
  • die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes vorliegt und
  • die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Sprachkenntnisse gegeben sind.

Letztere Regelung erfolgte auf Bestreben der Heilberufskammern. Die Ergänzung hinsichtlich der erforderlichen Sprachkenntnisse soll dem Schutz von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten dienen. Den Heilberufskammern wird darüber hinaus die Zuständigkeit für die Durchführung des sogenannten Vorwarnmechanismus im Bereich der Weiterbildungsbezeichnungen übertragen, das heißt die Unterrichtung der zuständigen Behörden der anderen Mitgliedsstaaten über die Aufhebung einer Weiterbildungsbezeichnung (§ 35a HeilBerG).

Auf Initiative der Ärztekammern können Weiterbildungsabschnitte bei Weiterbildungsstätten und bei Weiterbildenden nun bereits ab drei Monaten angerechnet werden, wenn dies im jeweiligen Weiterbildungsrecht der Kammern so vorgesehen ist (§ 36 Abs. 4 HeilBerG).

Die Heilberufskammern sind nun berechtigt und verpflichtet, den Umfang der Weiterbildungsermächtigung entsprechend den Gegebenheiten der Weiterbildungsstätte (personelle und sachliche Ausstattung, Leistungsspektrum der Weiterbildungsstätte) zu gestalten (§ 38 Abs. 4 HeilBerG).

Neu eingeführt wurde die Möglichkeit, den Erwerb von Qualifikationen im Rahmen der Weiterbildung nicht mehr nur durch mündliche, sondern auch durch eine praktische Prüfung feststellen zu können. Die Festlegung der Prüfungsform obliegt dabei den Heilberufskammern (§ 39 HeilBerG).

Zudem wurde für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in der Allgemeinmedizin die Mindestdauer der Weiterbildung für den Erwerb des Facharzttitels auf zwölf Monate reduziert (§ 45 Abs. 3 HeilBerG). Innerhalb der Mindestweiterbildungszeit sollen alle nach den Weiterbildungsordnungen vorgesehenen Anforderungen, die im Rahmen der bisherigen Facharztweiterbildung noch nicht vorlagen, erfüllt werden.

Weiterbildungszeiten in absolvierten Facharztausbildungen, die als gleichwertig anerkannt werden können, werden weiterhin durch die Ärztekammer in jedem Einzelfall individuell bestimmt. Dadurch sollen die hohen Qualitätsstandards in der fachärztlichen Weiterbildung trotz Verkürzung der Weiterbildungszeit im Rahmen des Quereinstiegs in die Allgemeinmedizin erhalten bleiben.

Christina Hirthammer-Schmidt-Bleibtreu, Justitiarin der Ärztekammer Nordrhein


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