Vorlesen

Entschließungen der Kammerversammlung am 23. November 2013 im Wortlaut


Interkollegialer Austausch von Kinderärzten zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen

Die Kammerversammlung nimmt ein aktuelles Rechtsgutachten (Prof.Dr. G. Schmidt / Dr. D. Schmidt, August 2013, www.riskid.de) zur Kenntnis.

Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass es sich beim interkollegialen Austausch von Ärztinnen und Ärzten zum Schutz vor und zum Erkennen von Kindesmisshandlungen um eine erforderliche „Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes“ handelt. Dazu sind Ärztinnen und Ärzte gemäß § 9 Absatz 2 Satz 1 der Berufsordnung (BO) auch ohne Entbindung von der Schweigepflicht befugt. Auf dieser Grundlage verneint das Gutachten eine Strafbarkeit wegen „unbefugter Offenbarung im Sinne des Strafgesetzbuches (§ 203 Abs. 1 StGB).

“Das Gutachten schlägt gleichwohl eine landesgesetzliche Klarstellung durch explizite Übernahme der o.g. Berufsordnungsvorschrift (§ 9 Absatz 2 Satz 1BO) in das Heilberufsgesetz NRW vor. Die Kammerversammlung regt beim Landesgesetzgeber an, diesem Vorschlag zu folgen.

Darüber hinaus sieht die Kammerversammlung die Notwendigkeit einer weiteren Aufbereitung der Thematik mit Blick auf eine bundeseinheitliche Regelung. Die Kammerversammlung bittet dazu um Beratung in den zuständigen Ausschüssen der Kammer.


Gerechte Vergütung in der ambulanten Versorgung

Die Kammerversammlung fordert die Politik auf, die strukturelle Benachteiligung von Nordrhein-Westfalen bei der Vergütung in der ambulanten Versorgung zu beenden und für eine bundesweit gerechte Verteilung der Mittel zu sorgen.

Seit der Vergütungsreform im Jahre 2009 steht in Nordrhein-Westfalen weniger Geld für die ambulante Versorgung der Versicherten zur Verfügung als in anderen Bundesländern, obwohl die Versicherten bundesweit den gleichen Beitragssatz zahlen.

Mit Blick auf die „morbiditätsbedingte Gesamtvergütung“ je Versichertem bilden Nordrhein und Westfalen-Lippe seit Jahren das Schlusslicht im Bundesvergleich – eine Benachteiligung, die nur vom Bundesgesetzgeber und nicht durch Verhandlungen auf regionaler Ebene beendet werden kann.

Die Kammerversammlung appelliert deswegen an die Akteure der Gespräche über die Bildung einer Großen Koalition, sich für eine bundesweite Vergütungsgerechtigkeit einzusetzen und dies in einem Koalitionsvertrag verbindlich festzuschreiben.


Ärzte verhandeln für Ärzte – Keine Zwangsvertretung von Ärzten durch eine fremde Gewerkschaft

Die Kammerversammlung fordert von allen Akteuren zur Bildung einer neuen Bundesregierung, das Grundrecht der Koalitionsfreiheit zu respektieren.

Wer Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern daran hindert, selbst zu entscheiden, wer für sie die Bedingungen ihrer Arbeit verhandelt, fügt der Attraktivität des ärztlichen Berufs weiteren schweren Schaden zu und bewirkt eine Verschärfung der Nachwuchsprobleme in der ärztlichen Patientenversorgung.

Der neu gewählte Bundestag muss jeglicher Einschränkung der gewerkschaftlichen Rechte durch gesetzgeberische Eingriffe widerstehen, die sowohl dem Geist als auch dem Buchstaben des Grundgesetzes widersprechen.


Ärztliche Grundversorgung ist gefährdet

Die Kammerversammlung sieht die haus- und fachärztliche Grundversorgung der Menschen in unserem Lande gefährdet.

Immer weniger approbierte Ärzte ergreifen den Beruf des Hausarztes oder wollen überhaupt noch am kranken Menschen tätig werden – dies gilt auch für den stationären Bereich. Demgegenüber lässt die demografische Entwicklung mit einer steigenden Zahl älterer chronisch kranker und multimorbider Menschen einen steigenden Bedarf an kurativer ärztlicher Tätigkeit erwarten.

Der Vorstand der Ärztekammer Nordrhein wirkt mit aller Kraft darauf hin, dass die Arbeitsbedingungen sowohl im Krankenhaus, als auch im Bereich der niedergelassenen Ärzteschaft attraktiver werden.

Dazu gehören die tariflichen Arbeitsbedingungen ebenso wie die vertragsärztlichen und privatärztlichen Honorare. Insbesondere Budgetierungen, Honorarkürzungen, überbordende Bürokratie und Verordnungsregresse müssen verschwinden. Allein mit dem vertragsärztlichen Honorar muss bei durchschnittlicher Patientenzahl eine wirtschaftliche und auskömmliche Führung der Vertragsarztpraxen möglich sein.

Die schon jetzt bestehenden Probleme bei der Besetzung von Vertragsarztsitzen, insbesondere im hausärztlichen Bereich, aber auch in den Krankenhäusern und in fachärztlichen Versorgerpraxen, werden sich absehbar in kurzer Zeit erheblich verschärfen, wenn nicht sofort gegengesteuert wird.


Ausreichende Krankenhausfinanzierung gewährleisten

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die Bundesregierung auf, zukünftig eine ausreichende und nachhaltige Krankenhausfinanzierung sicherzustellen. Hierzu gehören insbesondere die volle Refinanzierung der Personalkosten sowie die volle Bezahlung aller erbrachten Krankenhausleistungen. Fehlanreize zur Erbringung von aus medizinischer Sicht nicht notwendigen Leistungen sind unbedingt zu vermeiden.

Die in diesem Jahr beschlossenen Verbesserungen der Finanzausstattung der Krankenhäuser halbieren für die Jahre 2013 und 2014 lediglich die Unterdeckung. Die Krankenhäuser benötigen jedoch dauerhaft eine verlässliche Finanzierung.

Ohne auskömmliche Finanzierung der Kliniken sind weiterer Personalabbau und eine fortschreitende Arbeitsverdichtung unvermeidbare Folgen, die letztendlich zu einer schlechteren Patientenversorgung führen werden.


Krankenhausplan NRW

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert die Krankenhausträger in Nordrhein auf, die Umsetzung des Krankenhausplanes NRW 2015 zu nutzen, medizinisch und wirtschaftlich sinnvolle Kooperationen unter den Krankenhäusern zu entwicklen.

Die Ärztekammer bietet sich an, Gespräche zur regionalen Planung zu begleiten.


Verbesserung der Versorgungssituation von Menschen mit Demenzerkrankungen im Krankenhaus

Bislang sind nur wenige Krankenhäuser auf die Versorgung und besonderen Bedürfnisse von Patienten mit der Nebendiagnose Demenz eingestellt. Dies bezieht sich sowohl auf die ärztliche, die pflegerische als auch sozialmedizinische Versorgung. Bekanntlich nimmt die Zahl von Menschen mit Demenzerkrankungen stetig zu. Bei einem Krankenhausaufenthalt entstehen für Patienten und pflegende Angehörige der Patienten zusätzliche weitere schwere Belastungen bis hin zu einer vorzeitigen Heimunterbringung und Folgeerkrankungen der Angehörigen.

Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert daher dringend ein Problembewußtsein bei den Krankenhäusern, bei Verwaltung, Ärztinnen und Ärzten und Pflege. Politik und Krankenkassen sind aufgerufen, die notwendigen finanziellen Mittel für die Verbesserung der Versorgung bereitzustellen.


In Prävention investieren

Der neu gewählte Bundestag wird aufgefordert, möglichst schnell ein Präventionsgesetz zu verabschieden. Auch wenn der vorliegende Entwurf nur ein erster Schritt sein kann, ist es jedoch einer in die richtige Richtung. Wenn jetzt nicht in die Prävention investiert wird, wird in absehbarer Zeit durch die ansteigende Zahl der chronischen Erkrankungen unser Gesundheitssystem in der derzeitigen Form nicht mehr finanzierbar sein.


Abschaffung von Regressen

Die Kammerversammlung fordert Politik, Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung auf, Regresse abzuschaffen und für Altfälle eine entsprechende Regelung zu treffen.

Durch teilweise Existenz gefährdende Regresse und die ständige Bedrohung gerät ärztliches Handeln unter einen unerträglichen ethischen Dauerkonflikt. Der Arzt muss in jedem Fall zwischen dem medizinisch für den Patienten Notwendigen und dem von Budgets begrenzten Erlaubten wählen. Nur so kann er Regressansprüche und damit persönliche wirtschaftliche Nachteile vermeiden.

Diese Situation darf nicht länger hingenommen werden. Sie ist für den Patienten und den Arzt unzumutbar. Sie schreckt den ärztlichen Nachwuchs ab. Sie passt nicht in die Zeit zunehmenden Ärztemangels.


Wegfall von "Beratung vor Regress"

Die Kammerversammlung beauftragt den Vorstand auf allen Ebenen auf die Unerträglichkeit des ethischen Dilemmas für Ärztinnen und Ärzte nach dem LSG Urteil vom 20.11.2013 zum Wegfall von „Beratung vor Regress“ hinzuweisen und durch eine Stellungnahme aus ethisch moralischer Sicht ein klares Signal für die Kolleginnen und Kollegen zu setzen.


Notdienst

Der Ärztliche Notdienst in Nordrhein wird durch Ärztinnen und Ärzte auf lokaler Ebene hervorragend organisiert und ausgeführt. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern funktioniert der Notdienst in Nordrhein weitestgehend problemlos und wird in seiner aktuellen Form von unseren Mitgliedern und unseren Patienten akzeptiert. Ggf. notwendige Änderungen und/oder Weiterentwicklungen müssen zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, der Ärztekammer Nordrhein und den Kolleginnen und Kollegen vor Ort abgestimmt und einvernehmlich konsentiert werden.


Pressemitteilung: Kranke in NRW sind keine Bürger zweiter Klasse!

Pressemitteilung: Rheinische Ärzte gegen Zwangsvertretung durch fremde Gewerkschaften an den Kliniken

Rede von Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein: Aktuelle Themen der Berufs- und Gesundheitspolitik